Alkoholentzug: Viel Homocystein im Blut prädestiniert für Anfälle

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Alkoholiker mit hohem Homocysteingehalt im Blut haben eher Krampfanfälle im Entzug als bei normalen Spiegeln.

Professor Stefan Bleich von der MH Hannover hat beim DGPPN-Kongress in Berlin - wie gemeldet - über Untersuchungen zu Homocystein-Plasmaspiegeln bei nicht alkoholabhängigen Menschen mit akuter Alkohol-Intoxikation und bei Menschen mit chronischem Alkoholismus berichtet: "Während bei akuter Intoxikation der Homocysteinlevel nicht erhöht ist, beobachten wir bei über 90 Prozent der chronisch Alkoholkranken im Stadium der akuten Intoxikation erhöhte Homocysteinlevel."

Die Hannoveraner Ärzte konnten jetzt zeigen, dass bei Patienten mit chronischem Alkoholismus die Wahrscheinlichkeit, im Verlauf eines Entzugs Krampfanfälle zu entwickeln, mit steigendem Homocysteinlevel steigt. "Patienten, die bei Aufnahme im Serum mehr als 24 µmol/l Homocystein haben, haben ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko für einen Alkoholentzugsanfall", so Bleich.

Woran das genau liegt, ist noch nicht klar. Es könnte damit zusammenhängen, dass Homocystein ein Agonist am N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor ist und damit die Erregbarkeit von Neuronen erhöht, die auf Glutamatstimulation reagieren. Gut erklärt werden kann in jedem Fall, warum chronisch alkoholabhängige Menschen erhöhte Homocysteinspiegel haben. "Der Homocystein-Metabolismus verhält sich invers zur Versorgung mit den Vitaminen B6, B12 und Folsäure, und genau diese Vitamine sind bei chronischem Alkoholkonsum reduziert", so Bleich.

Ein weiterer Grund könnte der oxidative Abbau des Ethanols sein. Es Entsteht Acetaldehyd, das die Methioninsynthese hemmt. Diese Synthese aber ist ein Abbauweg für Homocystein, das seinerseits als Abbauprodukt von Methionin entsteht. Ergeben sich aus diesen Zusammenhängen klinische Konsequenzen? Bleich ist davon überzeugt: "Es liegt auf der Hand, bei Alkoholikern B-Vitamine und Folsäure unterstützend einzusetzen. Wir brauchen dazu aber noch interventionelle Studien." (gvg)

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