Morbus Paget ist häufig, wird aber selten erkannt

BERLIN (ugr). "Viele Kollegen glauben, sie sehen nur selten Patienten mit Morbus Paget", sagt Dr. Karsten E. Dreinhöfer aus Ulm. Dabei sei die nach Osteoporose zweithäufigste Knochenstoffwechselstörung wahrscheinlich genauso weit verbreitet wie rheumatoide Arthritis.

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Wie Dreinhöfer beim gemeinsamen Kongreß der Orthopäden und Unfallchirurgen in Berlin berichtet hat, sind etwa 800 000 Frauen und Männer von Osteodystrophia deformans betroffen. Nur jeder Zehnte klage jedoch tatsächlich über Beschwerden, sagte der Orthopäde auf einer Pressekonferenz von Novartis.

Derzeit untersucht der Bundesverband der Orthopäden (BVO) zusammen mit Novartis die Versorgungssituation von Patienten mit Morbus Paget. "Zunächst wollen wir die Zahl der tatsächlich diagnostizierten und behandelten Patienten erfassen. In einer zweiten Stufe sollen dann Verdachtsfälle, also Patienten mit diffusen Schmerzen, weiter abgeklärt werden", so Dreinhöfer.

Die Erfassung ermöglicht es, ein erstes Bild zur tatsächlichen Prävalenz (geschätzt: 1,8 Prozent der über 40jährigen) des Morbus Paget und zur aktuellen Therapie zu erhalten; dies kann Grundlage sein, um die Versorgungssituation zu optimieren. Experten vermuten, daß derzeit in Deutschland nur etwa 6 000 Patienten behandelt werden.

Häufig ist der Morbus Paget ein Zufallsbefund. Im Frühstadium sind im Röntgenbild lokalisierte Osteolysen, später dann Sklerosierungen zu sehen. Verifiziert wird der Befund durch einen Anstieg der alkalischen Phosphatase (AP) im Serum bei normaler Gamma-GT. Dreinhöfer: "Differentialdiagnostisch wichtig ist die Abgrenzung gegen Knochenveränderungen anderen Ursprungs. Hierzu kann eine Knochenszintigraphie beitragen."

Therapie der Wahl sind Bisphosphonate; sie wirken antiresorptiv, das heißt, sie hemmen die Osteoklastenaktivität und normalisieren dadurch den Knochenumbau. Zoledronsäure (von Novartis als Aclasta® angeboten), reguliert die AP aktuellen Studien zufolge besser als andere Bisphosphonate (wir berichteten).

Eine einmalige Infusion mit Zoledronat 5 mg normalisiert den Knochenstoffwechsel für mindestens zwölf Monate. Begleitend können Analgetika verordnet werden. Chirurgische Interventionen wie Gelenkersatz, Osteotomie und Wirbelsäulendekompression sind bei ausgedehnter Erkrankung notwendig.



STICHWORT Aus dem Springer Lexikon Medizin

Morbus Paget

Morbus Paget ist eine ätiologisch ungeklärte, chronisch progrediente Knochendystrophie, die vor allem ältere Männer (über 60 Jahre) und meist mehrere Knochen (Becken, Schädel, Kreuzbein, Oberschenkel, Lendenwirbelsäule) befällt. Die Verdickung und Verkrümmung der befallenen Knochen führt zum Beispiel zu Säbelscheidentibia, Hörstörungen und Schwindelattacken, Vergrößerungen des Schädels, Kreuz- und Ischiasschmerzen. Diagnose: Im Röntgenbild ist ein Nebeneinander von strähnigen Verdichtungen und osteolytischen Herden zu sehen; Wirbel zeigen typische Verdichtungen und Vergrößerungen. Therapie: Thyreocalcitonin oder Bisphosphonat hemmen die Osteoklastenüberaktivität. Prognose: langsamer Verlauf, zum Teil spontaner Stillstand.

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