Senioren

So lassen sich Stürze vermeiden

Jeder dritte Mensch über 65 stürzt einmal im Jahr. Oft mit schweren Folgen: Knochenbrüche bis hin zur Pflegebedürftigkeit. Wie sich Senioren vor Stürzen schützen können, zeigt eine Cochrane-Analyse.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Am Boden - für viele Senioren oft genug Realität.

Am Boden - für viele Senioren oft genug Realität.

© Priest / SPL / Agentur Focus

MÜNCHEN. Es gibt viele Gründe, warum alte Menschen stürzen, etwa weil ihr Gleichgewichtssinn gestört ist, der Kreislauf versagt, die Augen nicht mehr richtig mitmachen oder sich bereits Symptome einer Demenz auswirken.

In einem Cochrane Review haben Wissenschaftler aus Neuseeland, Großbritannien und Australien untersucht, wie sich Senioren am besten vor Stürzen schützen können (The Cochrane Library 2012; 9).

Die größten Erfolge in der Sturzprävention wurden durch vielseitige Übungsprogramme mit mindestens zwei verschiedenen Komponenten erreicht. Darunter fallen zum Beispiel Balance- und Gehtraining, funktionelles Training sowie Kraft- und Fitnesstraining.

Dabei war es egal, ob die Senioren zu Hause allein oder in der Gruppe geübt hatten. Das Sturzrisiko und die Sturzrate konnten signifikant gesenkt werden, indem verschiedene Elemente kombiniert wurden. Schon die Teilnahme an einer Tai-Chi-Gruppe wirkte sich auch als Einzelmaßnahme sturzpräventiv aus.

Rutschfeste Sohlen helfen

Darüber hinaus waren Empfehlungen für bessere Sicherheitsvorkehrungen aufgrund einer individuellen Risikoanalyse sowie ein umsichtiges Verhalten hilfreich.

Insbesondere bei Menschen mit schweren Sehbehinderungen und vor allem dann, wenn die Schulungen von qualifizierten Ergotherapeuten durchgeführt wurden, konnten solche multifaktoriellen Interventionen die Häufigkeit von Stürzen älterer, selbstständig lebender Menschen deutlich verringern.

Eine verbesserte Risikorate konnte hier wegen großer Unterschiede zwischen den Studien allerdings nicht festgestellt werden.

Auch durch operative Therapien ließen sich einige Sturzursachen beseitigen. Erhielten etwa Patienten mit einem hypersensitiven Karotis-Sinus, die zu Herzrhythmusstörungen und plötzlichen Blutdruckabfällen neigen, einen Schrittmacher, dann stürzten sie seltener.

Auch eine Katarakt-Op wirkte sich positiv auf die Sturzrate aus, allerdings nur nach dem Eingriff am ersten Auge; die Korrektur des zweiten brachte keinen weiteren Vorteil.

Nicht zuletzt führen verschiedene Medikamente zu Schwindel und erhöhter Sturzgefahr. So wurden Senioren, die Psychopharmaka einnahmen, nach langsamer Dosisreduzierung ihres Medikaments auch wieder sicherer auf den Beinen.

Selbst ganz einfache Maßnahmen brachten Erfolge, wie etwa rutschfeste Sohlen bei widrigen Wetterumständen.

Und Patienten, die gegen ihre Fußbeschwerden angefertigte Einlagen trugen oder spezielle Fuß- und Knöchelübungen erlernten, stürzten weniger häufig als solche, die diese Hilfen nicht erhielten.

Zusätzliches Vitamin D bringt nichts

Doch nicht alle Bemühungen um ein verringertes Sturzrisiko hatten tatsächlich auch den erwünschten Erfolg. Manchmal wurde durch die Maßnahmen sogar das Gegenteil erreicht, etwa wenn eine Brille für mehr Klarsicht sorgen sollte, sich der alte Mensch aber erst einmal an die neuen Perspektiven gewöhnen musste.

Auch eine Medikamenten-Neueinstellung oder -Umstellung konnte die Sturzrate infolge einer Schwindelsymptomatik vorübergehend erhöhen.

Nicht bestätigen ließ sich die Hoffnung auf eine geringere Sturzrate durch Vitamin-D-Supplementation, zumindest bei ausreichend versorgten Personen. Auch die alleinige Aufklärung über Maßnahmen zur Sturzprävention oder eine kognitive Verhaltenstherapie hatten keinen Effekt.

Obwohl die derzeitige Studienlage den positiven Effekt einer ganzen Reihe von Maßnahmen zur Prävention von Stürzen bei älteren Menschen bestätigt und sich sogar langfristig ein Kosten/Nutzen-Vorteil für entsprechende Interventionen abzuzeichnen scheint, bleibt offen, ob dies auch bei Demenzerkrankungen gilt.

Diese Frage konnte nicht geklärt werden, da Patienten mit Demenz aus den meisten Studien ausgeschlossen worden waren.

Grundlage des Cochrane-Review waren 159 randomisierte Studien mit 79.193 Teilnehmern. In den Studien waren meist Probanden aus Sturzpräventionsprogrammen mit solchen verglichen worden, denen keine derartigen Maßnahmen zuteil wurden.

59 Studien hatten die Auswirkungen eines sportlichen Trainings als einzige Intervention, 40 Studien hatten multifaktorielle Präventionsprogramme untersucht.

Als Beispiel für ein erfolgreiches multifaktorielles Programm zur Sturzprävention in Deutschland gilt etwa das Ulmer Modell, das ursprünglich für Pflegeheimbewohner entwickelt wurde.

Quelle: www.springermedizin.de

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen