Transplantationsskandal

Patientenagentur im Visier der Ermittler

Der Transplantationsskandal von Göttingen könnte nicht nur für den ehemaligen Cheftransplanteur Konsequenzen haben. Auch gegen eine Patientenvermittlung aus Nordrhein-Westfalen wird ermittelt.

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Nicht nach Berliner Art: Leberresektat.

Nicht nach Berliner Art: Leberresektat.

© Thomas Kraus / Chirurgie im Bild

GÖTTINGEN. Eine in den Transplantationsskandal am Göttinger Uniklinikum verwickelte Firma aus Nordrhein-Westfalen ist bereits durch andere Aktivitäten ins Visier der Justiz geraten. Derzeit ist am Landgericht Hagen eine Zivilklage gegen das Unternehmen anhängig, das sich auf medizinische Reisen insbesondere für Patienten aus Russland spezialisiert hat.

In dem Streit geht es um die Kosten für die Vermittlung einer Krankenhausbehandlung für ein krebskrankes Mädchen aus Russland. Die Vermittlungsagentur soll von der Familie des Mädchens 100.000 Euro kassiert haben. Die Behandlungskosten im Düsseldorfer Uniklinikum sollen jedoch nur rund 40.000 Euro betragen haben.

Nach Angaben eines Justizsprechers hat das zuständige Landgericht Hagen das Unternehmen zunächst dazu verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, welche Kosten durch die Behandlung entstanden sind.

In einem weiteren Schritt gehe es nun um die Klärung der Frage, ob und inwieweit die Vermittlerfirma weitere Leistungen erbracht habe. Die Familie des Mädchens klagt auf Rückzahlung von rund 60.000 Euro. Daneben soll es auch schon andere Gerichtsverfahren gegeben haben.

Das Düsseldorfer Uniklinikum hat inzwischen jegliche Zusammenarbeit mit der Firma beendet. Da es an der nötigen Vertrauensbasis fehle, habe man zum Schutz der Patienten die Kooperation abgebrochen, sagte eine Sprecherin.

Lebertransplantation unter ominösen Umständen

Das Klinikum selbst zahle keine Provision für die Vermittlung von ausländischen Patienten. "Die Patienten können direkt zu uns kommen."

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt im Zusammenhang mit dem Göttinger Transplantationsskandal gegen zwei Verantwortliche der Vermittlungsagentur.

Das Unternehmen soll einen alkoholkranken russischen Patienten an die Göttinger Uniklinik vermittelt haben. Dieser hatte im Mai 2011 in Göttingen unter dubiosen Umständen eine Leber transplantiert bekommen.

Einige Wochen später wies ein anonymer Anrufer die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) auf mutmaßlich "kriminelle Machenschaften" bei der Organvergabe hin.

Die dadurch ausgelösten Ermittlungen führten unter anderem dazu, dass sich das Klinikum von dem damaligen Leiter der Transplantationsmedizin trennte.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Chirurgen wegen Verdachts des versuchten Totschlages. Er soll medizinische Daten manipuliert haben, um eigenen Patienten bevorzugt zu einer Spenderleber zu verhelfen.

Nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörde hat er dadurch den Tod anderer Patienten billigend in Kauf genommen. Voraussichtlich noch im Mai wollen die Ermittler ihre Abschlussentscheidung verkünden. (pid)

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