Zyto-Verträge: Schießen Krankenassen quer?
Unterlaufen Krankenkassen die Aufhebung der exklusiven Bindungswirkung von Rabattverträgen für Zytostatikazubereitungen? Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge schlägt Alarm.
Veröffentlicht:BERLIN. Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) hat der Gesetzgeber unter anderem die Möglichkeit revidiert, dass Kassen die patientenindividuelle Zytostatikaversorgung ausschreiben und mit Apotheken Rabattverträge dazu abschließen. Das Gesetz ist zwar parlamentarisch bereits durch, muss jedoch noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Damit werde in den kommenden ein bis zwei Wochen gerechnet, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Spätestens drei Monate nach Inkrafttreten verlieren bereits bestehende Zyto-Rabattverträge ihre exklusive Bindungskraft. Versicherte haben dann auch in diesem Versorgungszweig wieder die freie Apothekenwahl.
"Rechtsbruch mit Ansage"
Allerdings sollen mehrere Krankenkassen inzwischen angekündigt haben, weiterhin auf der Exklusivität der bereits geschlossenen Verträge bestehen zu wollen, berichtet der CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge. Dazu zählten die Barmer, die Techniker Krankenkasse sowie mehrere AOKen, teilte auf Nachfrage am Mittwoch das Berliner Büro des Abgeordneten mit.
Demnach müssten "Apotheken, die in exklusiv vergebenen Losgebieten onkologische Zubereitungen beliefern, damit rechnen, dass solche Rezepte während der Bestandskraft der exklusiven Verträge beanstandet werden". Das heißt: Die Erstattungsanforderung einer Apotheke, die nicht zum Kreis der Rabattvertragspartner zählt, könnte retaxiert werden.
Sorge kritisiert die Ankündigung der Kassen, an der Vertragsbindung festhalten zu wollen, als "Rechtsbruch mit Ansage". Sorge: "Unser erklärter gesetzgeberischer Wille war es, mit Inkrafttreten des AMVSG die Apothekenwahlfreiheit bei der Zyto- Versorgung für schwer an Krebs erkrankte Patienten zu stärken, sprich, jede Apotheke vor Ort soll die Betroffenen versorgen können."
Rechtsaufsicht gefordert?
Sollten auch noch nach Inkrafttreten des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes Krankenkassen tatsächlich Rezepte über Zyto-Rezepturen von Apotheken beanstanden, die nicht Rabattvertragspartner sind, sei das ein Fall für die Rechtsaufsicht. Dann müssten Bundesgesundheitsministerium oder das Bundesversicherungsamt tätig werden, fordert der CDU-Politiker.
Seitens der angesprochenen Krankenkassen war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu dem fraglichen Vorgang zu erhalten.