Priorisierung kann auch zu Kostensteigerungen führen
Die Debatte um Priorisierung von Leistungen geht weiter. Doch eigentlich gibt es Priorisierung längst - zum Beispiel bei den Plänen zur Impfung gegen Schweinegrippe.
Veröffentlicht:INGOLSTADT. Angesichts begrenzter Mittel ist eine gesellschaftliche Diskussion um eine Priorisierung medizinischer Leistungen unumgänglich. Das ist jedenfalls die Auffassung des Vorsitzenden der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer Professor Urban Wiesing.
Priorisierung sei nichts anderes als der Versuch, die Ausgabenseite in einer ethisch gerechtfertigten Weise zu strukturieren und die Verwendung der finanziellen Mittel transparent zu machen, erklärte Wiesing am Freitag in einem Festvortrag zur Eröffnung des Bayerischen Ärztetages in Ingolstadt.
In der Wissenschaft sei Priorisierung in der internationalen Debatte längst ein anerkanntes und akzeptables Mittel zur Begrenzung der Ausgaben im Gesundheitswesen, sagte Wiesing. Nicht selten belegten diese Länder vordere Plätze im internationalen Ranking, sagte der Leiter des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Tübingen. Nirgendwo sei es zu einem Kahlschlag gekommen. Allerdings müssten Priorisierungsentscheidungen politisch legitimiert werden.
Die Konsequenzen einer Priorisierungsdebatte könnten im Übrigen in beide Richtungen gehen, indem Versorgungsdefizite ausgeglichen und weniger wichtige Versorgungsbereiche abgebaut werden, erklärte Wiesing. International hätten Priorisierungsdebatten in ihrer Konsequenz in einigen Fällen denn auch zu Mehrausgaben geführt.
Tatsächlich gebe es auch hierzulande bereits Priorisierungen: So würden bei der Verteilung von Transplantaten Kinder bevorzugt, weil sie sonst größeren Schaden nehmen als Erwachsene, sagte Wiesing. Ein aktuelles Beispiel für Priorisierung sei auch die Impfung gegen die Schweinegrippe, bei der zunächst die Schwachen und Gefährdeten geschützt werden sollen, um so die Verbreitung der Grippe am effektivsten einzugrenzen. "Das ist Priorisierung in Reinkultur", sagte Wiesing.
Lesen Sie dazu auch: Priorisierung - das ist ein Job für Politiker