Altpeter will Bewegung bei Hausarztverträgen

Die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) sieht im AOK-Hausarztvertrag eine "Bereicherung". Den Besuch in einer Hausarzt praxis nutzte sie, um Kassen aufzufordern, ihre zögerliche Haltung aufzugeben.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Einig in der Diagnose: Landessozialministerin Katrin Altpeter (SPD) mit Hausärzteverbands-Chef Dr. Bertold Dietsche, AOK-Chef Dr. Christopher Hermann und Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner (v.l.n.r.).

Einig in der Diagnose: Landessozialministerin Katrin Altpeter (SPD) mit Hausärzteverbands-Chef Dr. Bertold Dietsche, AOK-Chef Dr. Christopher Hermann und Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner (v.l.n.r.).

© AOK BW

WAIBLINGEN. Der Allgemeinarzt Dr. Christian Schmidt aus Weinstadt-Beutelsbach war einer der ersten Hausärzte in Baden-Württemberg, die sich vor drei Jahren in den AOK-Hausarztvertrag eingeschrieben haben.

Nun bekam seine Praxis deshalb Besuch: Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) und der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, informierten sich über die Erfahrungen, die Schmidt in der hausarztzentrierten Versorgung gesammelt hat.

Der Hausarztvertrag, den die AOK Baden-Württemberg vor drei Jahren mit dem Deutschen Hausärzteverband und Medi Baden-Württemberg geschlossen hat, habe wesentlich dazu beigetragen, dass seine Praxis, die schon seit 55 Jahren besteht, auch in Zukunft wirtschaftlich überleben kann. Das liege vor allem "an dem höheren und planbaren Honorar", erläuterte Schmidt.

Mehr Zeit für die Patienten

Fast alle seiner AOK-Patienten seien in den Hausarztvertrag eingeschrieben, berichtete Schmidt. Die einfache Abrechnung des Vertrages sorge zudem dafür, dass er jetzt mehr Zeit für seine Patienten habe und sich besser auf die Behandlung konzentrieren könne.

Das bestätigte der herzkranke Patient und Diabetiker Heinz Stiegler, der seit in der Nachbarschaft wohnt und seit 52 Jahren in der Praxis betreut wird. Mit dem Doktor habe er schon immer über alles sprechen können. "Seit ich aber im Hausarztprogramm eingeschrieben bin, hat Dr. Schmidt noch mehr Zeit für mich", sagte Stiegler.

Aus eigener Erfahrung wisse er, wie wichtig für chronisch kranke Patienten nicht nur die intensive hausärztliche Betreuung, sondern auch die Absprache der Behandlung beim Facharzt, wie in seinem Fall mit dem Kardiologen, ist, sagte Stiegler.

Der Hausarztvertrag sei eine "Bereicherung für die Versorgungslandschaft", lobte Sozialministerin Altpeter. Dass andere Kassen die hausarztzentrierte Versorgung zurückhaltend einschätzen, könne sie vor allem mit Blick auf die Versorgung chronisch Kranker nicht so richtig nachvollziehen. "Es wäre schön, wenn sich hier endlich etwas bewegen würde", sagte Altpeter.

"AOK hat Probleme früh erkannt"

"Die Probleme, die wir mit dem Hausarztvertrag angehen, sind nicht vom Himmel gefallen", sagte AOK-Chef Hermann: "Etwa ein Drittel der Hausärzte gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand und auf der anderen Seite habe wir eine alternde Gesellschaft und immer mehr chronisch Kranke."

"Die AOK hat die Probleme schon früh erkannt", sagte Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg. Bereits vor zehn Jahren habe es einen Vorläufervertrag mit der AOK gegeben.

"Damals gab es noch keinen drohenden Hausärztemangel, aber die Entwicklung im Gesundheitswesen verlief schon völlig unstrukturiert und hat so zu den heutigen Problemen beigetragen", so Dietsche.

Am AOK-Hausarztvertrag nehmen in Baden-Württemberg rund 3500 Hausärzte und über eine Million Versicherte teil. Landesweit gibt es etwa 300 hausärztliche Qualitätszirkel.

An den seit 2010 angegliederten Facharztverträgen für Kardiologie und Gastroenterologie sind inzwischen mehr als 78.000 Versicherte eingeschrieben. Mit Hilfe eines Arzneimittelprogramms, das Teil der Verträge ist, wurden nach Angaben der AOK in der Pharmakotherapie etwa 30 Prozent eingespart.

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