Zwei Lager

Vorstandsstreit beutelt Freie Ärzteschaft

Personalquerelen und inhaltlicher Dissens in Grundsatzfragen: Ein Vorstandsstreit lähmt die Freie Ärzteschaft. Am 17. November wird es zum Showdown kommen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
FÄ-Präsident Martin Grauduszus gesteht einen Richtungsstreit ein.

FÄ-Präsident Martin Grauduszus gesteht einen Richtungsstreit ein.

© Freie Ärzteschaft

KÖLN. Bei der Freien Ärzteschaft (FÄ) geht ein Riss durch den Vorstand. Die fünf Mitglieder des Gremiums ziehen schon länger nicht mehr an einem Strang.

Jetzt wird wohl die Mitgliederversammlung am 17. November in Köln darüber entscheiden, wer künftig an der Spitze des Verbands mit rund 2500 Mitgliedern das Sagen haben wird. Der Vorstand ist in zwei Lager gespalten.

Auf der einen Seite stehen FÄ-Präsident Martin Grauduszus und Schatzmeister Dr. Ewald Proll, auf der anderen Seite die Vizepräsidenten Wieland Dietrich und Dr. Silke Lüder sowie Schriftführer Dr. Axel Brunngraber.

Das Gremium arbeitet seit November in dieser Konstellation. Damals hatte sich Lüder bei den Wahlen gegen Dr. Peter Loula durchgesetzt - was Grauduszus offenbar als geplanten Affront gegen seine Person auffasste.

Positionen gehen auseinander

"Seit der Mitgliederversammlung gibt es bei uns im Vorstand einen Richtungsstreit", sagt Grauduszus der "Ärzte Zeitung". Die Differenzen bezögen sich sowohl auf inhaltliche Fragen als auch auf den Umgang miteinander.

Zwischen beiden Lagern habe es heftige Auseinandersetzungen gegeben. Seit einigen Monaten nehmen Grauduszus und Proll an Vorstandssitzungen nicht mehr teil.

Ein Streitpunkt war Grauduszus‘ Vorschlag auf dem Ärztetag der Basis, über eine Übertragung des Sicherstellungs-Auftrags von den KVen auf die Ärztekammern zu diskutieren.

Das sei nicht sinnvoll und nicht Beschlusslage der Freien Ärzteschaft, konterten Dietrich, Brunngraber und Lüder in einer Pressemitteilung.

Auch zu den aktuellen Ärzteprotesten gehen die Positionen nach Angaben von Grauduszus weit auseinander. Da die Proteste aus dem von der FÄ kritisch gesehenen KV-System kämen, müsse der Verband dazu Distanz bewahren - ohne dabei den Kollegen in den Rücken zu fallen.

"Wir riskieren unsere Unabhängigkeit", warnt er. Wenn man sich die Protestziele der KVen zu eigen macht, geraten die eigenen Ziele wie das direkte Vertragsverhältnis zwischen Arzt und Patient ins Hintertreffen, fürchtet Grauduszus.

Genau aus diesem Grund lehne er eine Urabstimmung über die Ziele des Protests ab, wie sie Dietrich, Brunngraber und Lüder für sinnvoll halten.

Grauduszus will bei der Mitgliederversammlung mit einer eigenen Mannschaft zur Wahl antreten. "Ich brauche eine Mehrheit für die Ideen, die ich umsetzen möchte, und ich kämpfe dafür, weitermachen zu können." Auch seine Kontrahenten wollen im FÄ-Vorstand bleiben.

Dietrich für Neuwahlen

"Ich sehe gute Voraussetzungen für eine Weiterarbeit", sagt der 1. Vizepräsident Dietrich. Auch er hält Neuwahlen für nötig, um die verfahrene Lage zu lösen.

Dietrich wirft Grauduszus Fehler im Führungsstil und mangelnde Kooperationsbereitschaft vor. Es sei ein merkwürdiger Umgang mit demokratischen Gepflogenheiten, die Zusammenarbeit mit Kollegen zu verweigern, weil einem Wahlergebnisse nicht passen, sagt er.

Nach Einschätzung von Dietrich vertritt Grauduszus, der im Vorstand der Ärztekammer Nordrhein und - wie Dietrich selbst - in der Vertreterversammlung der KV Nordrhein sitzt, die Positionen der FÄ nicht mehr richtig.

"Er hat die Rolle der Freien Ärzteschaft als freier Verband und ärztlicher Opposition vernachlässigt." Die Beteiligung des FÄ-Vorstands an den aktuellen Protestmaßnahmen hält Dietrich für richtig.

"Wir haben in Bezug auf die berechtigten Proteste eine gute Arbeit getan und die Interessen der Ärzte vertreten", sagt er.

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