Ökonomie-Zwänge in der Medizin

Ärztetag zeigt klare Kante

Gewinnmaximierung? Rentabilitätsorientierung? Das sind Prinzipien, die den Zielen der Medizin widersprechen - und in der Versorgung nichts verloren haben, findet der Deutsche Ärztetag. "Wir Ärzte müssen wieder Rückgrat entwickeln", fordert VLK-Präsident Weiser im Video-Interview mit der "Ärzte Zeitung".

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
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Veröffentlicht: 26.05.2016 © Springer Medizin

HAMBURG. Wenn's im Konfliktfall hart auf hart geht, müssen grundsätzlich ärztlich-medizinische Gesichtspunkte Maßstab für die Behandlung von Patienten sein und nicht ökonomische Vorgaben.

Mit dieser Botschaft hat sich der Ärztetag mit Blick auf die zunehmend schwierige Situation von leitenden Ärzten in Krankenhäusern klar positioniert.

Diese Ärzte befinden sich in einem permanenten Spannungsfeld zwischen medizinischen Vorgaben und ökonomischen Sachzwängen, hieß es in Hamburg.

"Wer uns Ärzte als Leistungserbringer dazu verpflichten will, Leistungen zu verkaufen, der darf sich nicht wundern, wenn sich dieses System dann nach betriebswirtschaftlichen Kriterien organisiert", sagte der Präsident des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK), Professor Hans Fred Weiser aus Düsseldorf, in einer einleitenden Rede.

Appell: Ärzte müssten nicht korrekte Bonusverträge ablehnen

Dicht dran am Deutschen Ärztetag

Die "Ärzte Zeitung" ist für Sie beim 119. Deutschen Ärztetag vom 24. bis 27. Mai vor Ort in Hamburg - und berichtet live und umfassend:

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Mit Blick auf die Diskussion um Bonuszahlungen für Chefärzte wurde im Plenum darauf hingewiesen, dass der Paragraph 135c SGB V im Zuge des Krankenhausstrukturgesetzes neu formuliert worden ist.

Danach muss die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer Empfehlungen abgeben, um sicherzustellen, dass im Arbeitsalltag konkrete Zielvereinbarungen ausgeschlossen sind: Es geht dabei um solche Vereinbarungen, die auf finanzielle Anreize insbesondere für einzelne Leistungen, Leistungsmengen, Leistungskomplexe und Messgrößen abstellen.

Chefärzte müssten auch einmal den Mut haben, nicht korrekte Bonusverträge abzulehnen - dies gelte vor allem auch mit Blick auf die Tatsache, dass der aktuelle Stellenmarkt gute Alternativen biete, sagte Weiser.

Im Video-Interview mit der "Ärzte Zeitung" (siehe oben) ging der VLK-Präsident noch einen Schritt weiter: "Wir Ärzte müssen langsam wieder Rückgrat entwickeln, und durchaus mal Verträge oder Vertragstexte schlichtweg ablehnen und nicht unterschreiben. Das kann auch mal so weit gehen, dass man unter Umständen seinen Job aufgeben muss. Die Ärzteschaft ist in der glücklichen Lage, dass der Markt für Ärzte gut ist."

Medizin ist zeitintensiv

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Konsens gab es bei den Delegierten, dass Ökonomisierung dann abzulehnen sei, wenn betriebswirtschaftliche Parameter individuelle und institutionelle Ziele ärztlichen Handelns definieren, ohne dass es eine medizinische Begründung gibt, die sich am Patientenwohl orientiert.

Diese Position wurde in einem entsprechenden Entschließungsantrag formuliert, für den sich eine breite Mehrheit der Delegierten in der Abstimmung ausgesprochen hat.

Die Medizin sei auf eine zeitintensive Zuwendung und eine "empathische Beziehungsqualität des Arztes gegenüber dem Patienten" ausgerichtet.

Je "patientennäher" der Bereich sei, auf den die Ökonomie Einfluss nehme, desto größer werde die Gefahr, dass Ärzte in eine Konfliktsituation zwischen medizinischen Notwendigkeiten und ökonomischen Vorgaben geraten, hieß es in der Diskussion.

Weiser stellte klar, dass sich wirtschaftliches Denken und Qualität keinesfalls ausschließen. Es müsse aber ein dem Gesundheitswesen und der Patientenversorgung angemessenes wirtschaftliches Denken sein: "Hier haben wir keineswegs schon alle Gefährdungen und Irrtümer überwunden", so der Arzt.

Weiterbildungsreform für 2017 angekündigt

Ein weiteres Thema auf dem Deutschen Ärztetag am Donnerstag war die Reform der Weiterbildung, die für 2017 angekündigt wurde. Die Tages-Zusammenfassung als Video:

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Veröffentlicht: 26.05.2016 © Springer Medizin

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