Wenn der Patient nur Bahnhof versteht

Viele Patienten verstehen nicht alles, was ihr Arzt ihnen erklärt. Für solche Fälle bietet die Techniker Krankenkasse Hilfe an. Mediziner versuchen, Missverständnisse aufzuklären und auf diese Weise Ängste abzubauen.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. Fachausdrücke und Abkürzungen werden von vielen Patienten nicht verstanden. Sie tragen nicht nur zur Verwirrung bei, sondern können auch zu Verwechslungen und Missverständnissen führen. Im Ärztezentrum der Techniker Krankenkasse in Schleswig-Holstein rufen immer wieder Patienten an, die sich nach einem Gespräch mit ihrem Arzt Begriffe erklären lassen, die sie nicht verstehen. "Kürzlich hat eine alte Dame angerufen, die in der Klinik erfahren hat, dass ihr Mann einen Herzkatheter braucht. Sie wollte wissen, wie lange der Katheter im Herzen verbleiben muss und wie stark so ein Katheter ihren Mann im Alltag behindert", erzählt die Beratungsärztin Dr. Friederike Reimann.

Nach Gesundheitssendungen häufen sich die Anfragen

Im Gespräch stellte sich dann schnell heraus, dass in der Klinik von einer Herzkatheter-Untersuchung die Rede war. "Die Frau hat das gänzlich missverstanden", so die Ärztin. Friederike Reimann und ihre Kollegen haben immer wieder Patienten am Telefon, die in Gesundheitsmagazinen und TV-Sendungen viel über Krankheiten und Untersuchungsmethoden gehört haben. Ein Begriff wie KHK ist ihnen zwar geläufig - was dies im Einzelnen heißt, wissen sie nicht. Im Sprechzimmer bedeutet dies: Wenn der Arzt ihnen sagt, dass ein CT oder ein MRT zu machen ist, fragen sie in der Regel nicht nach -der Begriff kommt ihnen ja irgendwie bekannt vor.

Erst zu Hause wird ihnen klar, dass sie gar nicht wissen, was denn nun genau untersucht werden soll und wie dies geschieht. Häufig kommt es auch zur Verwechslung von Fachwörtern wie Psychotherapie und Physiotherapie, Abduktoren und Adduktoren, Tonsillektomie und Tonsillotomie oder Perimenopause und Postmenopause. Immer wieder durcheinander gebracht werden, so die Erfahrung der Ärzte im TK-Beratungszentrum, die Begriffe pränatal, perinatal und postnatal. Probleme gibt es auch mit Vorsilbenpaaren wie inter und intra, super und supra, pre und post, ante und anti, hypo und hyper.

Worte sind nur kleiner Teil der Kommunikation

"Worte, die aus dem Griechischen oder Lateinischen stammen, klingen vor allem für Patienten, die aus nicht-europäischen Ländern stammen, sehr fremd", sagt Denise Jacoby, Pressesprecherin der TK in Hessen. Je intensiver Ärzte ihre Patienten in Entscheidungen einbezögen, desto eher könnten solche Missverständnisse vermieden werden.

"Viele Kollegen versuchen, sich verständlich auszudrücken", sagt die Allgemeinmedizinerin Reimann, die selbst eine Praxis hat und sich auf Homöopathie spezialisiert hat. Es geht ihrer Meinung nach auch gar nicht darum, den Patienten beim Stichwort KHK einen halbstündigen Vortrag zu halten. Wichtiger sei vielmehr, im Gespräch auf Signale des Gegenübers zu achten. "Worte machen nur einen kleinen Teil der Kommunikation aus", so die Ärztin. Wenn ein Patient während des Gesprächs anfängt, unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen und Blickkontakt meidet oder wenn bei einem bestimmten Wort die Stirn gerunzelt oder die Augenbrauen hochgezogen werden, sollten Ärzte sofort nachhaken und eine Erklärung einschieben.

"Es geht nicht darum, einen ganzen Sack voller Informationen über den Patienten auszuschütten", fasst Reimann zusammen. Oft reiche es auch aus, die Patienten am Schluss des Gesprächs zu fragen, ob noch etwas unklar ist. "Es handelt sich in der Regel dabei um Kleinigkeiten, die schnell beantwortet sind", so die Ärztin. Positiver Nebeneffekt: Die Patienten gehen mit dem Gefühl nach Hause, dass der Arzt sich Zeit für sie genommen hat. Dies stärkt die Arzt-Patientenbeziehung und die Compliance: Gut informierte Patienten können die Chancen und Risiken einer Behandlung besser einschätzen und sind insgesamt zufriedener.

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