Kassen-Milliarden sollen IV-Verträge beleben

Die üppigen Überschüsse der GKV wecken Begehrlichkeiten ohne Ende. Die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium schlägt jetzt vor, das Geld für Integrationsverträge zu nutzen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Die Krankenkassen stehen finanziell zur Zeit ausgezeichnet da. Für ihr Geld gibt es viele Interessenten.

Die Krankenkassen stehen finanziell zur Zeit ausgezeichnet da. Für ihr Geld gibt es viele Interessenten.

© Karmann/dpa

KÖLN. Die Krankenkassen sollten sich verstärkt Gedanken darüber machen, wie sie die Versicherten an der guten finanziellen Lage teilhaben lassen können, sei es über die Ausschüttung von Prämien oder über Satzungsleistungen zu verbesserten Versorgungsangeboten.

Das hat die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Annette Widmann-Mauz beim 10. Kölner Sozialrechtstag gefordert. "Ich fände es schade, wenn der Gesetzgeber sie wieder dazu verpflichten müsste", sagte Widmann-Mauz.

Auch Zwang denkbar

Manche Kasse wollten die Überschüsse nutzen, um in Satzungsleistungen zu investieren. Ein weiteres Handlungsfeld sieht sie in der integrierten Versorgung.

"Ich würde mir wünschen, dass Krankenkassen, die in den letzten Jahren IV-Verträge gekündigt haben, sich darauf besinnen, dass es da noch den einen oder anderen sinnvollen Antrag gibt", sagte sie.

Es sei eine unternehmerische Entscheidung der Kassen, wie sie mit den Rücklagen umgehen, die über das gesetzlich vorgesehene Maß hinaus gehen. "Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass man sie auch zwingen kann, einen Teil wieder an die Versicherten auszuschütten."

Sie habe den Eindruck, dass manche Beteiligten mit der jetzt erreichten Stabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt nichts anfangen könnten.

Versorgungsgesetz festigt GKV

Die Überschusssituation in der GKV werde nicht lange anhalten, betonte Widmann-Mauz. Ein Grund sei, dass im nächsten Jahr die mit den Kostendämpfungsgesetzen erzielten Einsparungen bei der Arzneimittelversorgung entfallen werden.

Grundsätzlich sieht sie das Versorgungsstrukturgesetz als einen weiteren wichtigen Schritt, um die GKV verlässlich und dauerhaft zu festigen. Dafür müssten aber alle Beteiligten die flexibleren Möglichkeiten zur Gestaltung der Versorgung auch nutzen.

Dazu zählt Widmann-Mauz die Schaffung von Strukturfonds bei den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Förderung der Niederlassung, die leichtere Teilhabe von Klinikärzten an der ambulanten Versorgung oder die Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen.

Steffens: Länder hätten mehr Einflussmöglichkeiten gebraucht

Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sieht das Versorgungsstrukturgesetz erwartungsgemäß kritischer. "Wir haben eine Chance vertan, weil wir nicht geprüft haben, was die Bedarfe sind."

Gefehlt hat Steffens vor allem eine Qualitätsdebatte, und zwar nicht über die Qualität der Strukturen, sondern der Ergebnisse. "Wir müssen die Gesamtsituation und den Zustand der Patienten viel mehr in den Blick nehmen", forderte sie.

Gerade in Bereichen wie der sektorübergreifenden und der spezialfachärztlichen Versorgung hätten die Länder mehr Einflussmöglichkeiten gebraucht, kritisierte die Ministerin.

"Wir wollen nicht bis ins letzte Detail planen, aber so, dass die Rahmenbedingungen es uns ermöglichen, Versorgung zu gestalten." Die Rahmenplanung im stationären Sektor allein nutze nichts.

"Wir werden nur Versorgungssicherheit haben, wenn wir sie mit dem ambulanten Sektor verschränken, aber da fehlen uns die Instrumente", sagte Steffens.

Das geplante sektorübergreifende Gremium sei zwar sicher an einigen Stellen sinnvoll, reiche aber nicht aus. "Wir hätten verbindliche Planungsmöglichkeiten gebraucht."

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