Der Standpunkt zur GKV

Wettbewerb als Leitmotiv?

Der Bundesregierung setzt weiter auf Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dabei sollen die vermeintlichen Wettbewerber laut SGB V "gemeinsam und einheitlich" handeln. Das Vorhaben der Regierung ist unausgegoren, meint Florian Staeck, Zeit, die Reißleine zu ziehen!

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Der Autor ist Redakteur im Ressort Gesundheitspolitik. Schreiben Sie ihm: florian.staeck@ springer.com

Die Struktur der gesetzlichen Krankenversicherung lässt sich mit vielen Begriffen umschreiben, Wettbewerb gehört als Prinzip sicherlich nicht dazu.

Er ist seinerzeit durch die Politik nur als Vehikel eingeführt worden, um für einen Ordnungsrahmen im Bemühen um mehr Effizienz und Qualität zu sorgen.

Geht es nun nach dem Willen der Bundesregierung, soll Wettbewerb aber zu einem Leitmotiv in der gesetzlichen Krankenversicherung werden.

Mit der Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das heute erstmals im Bundesrat beraten wird, soll künftig Kartellrecht für den Wettbewerb zwischen den Kassen und im Verhältnis zu Versicherten und manchen Leistungserbringern gelten.

Dieser Plan ist unausgegoren und birgt politischen Sprengstoff.

Das spiegelt sich auch in den konträren Empfehlungen des Gesundheits- und des Wirtschaftsausschusses im Bundesrat wider:

Die Wirtschaftsministerien der Länder meinen, die Kartellaufsicht solle das Solidarprinzip in der GKV "ergänzen", einen Zielkonflikt gebe es nicht.

Doch konstitutiv für das Wettbewerbsprinzip ist das Kooperationsverbot - dagegen lebt die GKV an allen Ecken und Enden von Kooperation: von der Kooperationsgemeinschaft Mammografiescreening bis hin zu kassenübergreifenden Hausarztverträgen.

Die Bundesregierung gibt zur Begründung an, die Rechtsbeziehungen der Kassen untereinander sollten "unter den Schutz des Wettbewerbsrechts" gestellt werden.

Doch was und wer genau soll geschützt werden? Das SGB V definiert die vermeintlichen Wettbewerber im Paragrafen 1 als "Solidargemeinschaft".

Und diese Gemeinschaft soll bei vielen Aufgaben, wie es in Paragraf 20 heißt, "gemeinsam und einheitlich" handeln.

Die GWB-Novelle würde den ohnehin schon großen Orientierungsspagat zwischen Wettbewerb und Solidarität noch größer werden lassen.

Wer das Kartellrecht parallel zum Sozialrecht als Handlungsnorm installiert, schafft Rechtsunsicherheit im Namen des Wettbewerbs.

Zeit für Bundesrat und Bundestag, die Reißleine zu ziehen.

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