Krankenkassen

Barmer-Chef zum Morbi-RSA – Region schlägt Management

Mit einer Regionalkomponente und einem Hochrisikopool lasse sich der Morbi-RSA fairer gestalten, findet Barmer-Chef Straub.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Barmer-Chef Professor Christoph Straub hofft auf Änderungen am Morbi-RSA nach der Wahl.

Barmer-Chef Professor Christoph Straub hofft auf Änderungen am Morbi-RSA nach der Wahl.

© Büttner/dpa

BERLIN. Der Finanzausgleich der Krankenkassen (Morbi-RSA) untereinander wird voraussichtlich eines der ersten Projekte der Gesundheitspolitik nach den Wahlen werden. Davon geht der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Professor Christoph Straub, aus.

Dass die alte Regierung noch kurz vor Ende der Legislaturperiode zwei Gutachten zur Evaluation des Morbi-RSA und zur Einführung einer Regionalkomponente mit Abgabefrist spätestens im Frühjahr in Auftrag gegeben habe, spreche dafür, dass das Thema früh in der neuen Legislatur auf der Agenda stehen könnte, sagte Straub vor Journalisten am Dienstagabend in Berlin.

Morbi-RSA nach Wahl weiterentwickeln

"Die künftige Bundesregierung sollte nach der Wahl rasch den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich weiterentwickeln", sagte Straub. Erforderlich sei dabei die Einführung einer Regionalkomponente und eines Hochrisikopools, sagte der Chef der mit knapp 7,5 Millionen Mitgliedern größten Krankenkasse Deutschlands.

Um die Reform des Risikostrukturausgleichs gibt es seit Jahren eine Kontroverse. Die Ersatzkassen, aber auch eine Allianz von Betriebs- und Innungskrankenkassen unterstellen dem Umverteilungssystem in seiner jetzigen Form Wettbewerbsverzerrung.

Die Ortskrankenkassen halten dagegen. Sie argumentieren, dass ihre gute wirtschaftliche Situation auf guter Wirtschaftsführung beruhe und nicht auf einem Fehler im System. Ablesen lassen sich Unterschiede an den Rücklagen der einzelnen Kassen. Hier gebe es eine Spreizung von 31 Millionen bis zu mehr als 1,1 Milliarden Euro, sagte Straub.

Abhilfe solle eine Regional- oder Versorgungsstrukturkomponente schaffen, schlägt Straub vor. Die Versorgungsgebiete, die darüber geschaffen würden, sollten sich aber am besten nicht an Landes- oder Kreisgrenzen orientieren.

Ursache für die Verzerrungen seien regionale Besonderheiten, betont Straub. Im bayrischen Hof erhielten die Kassen Zuweisungen aus dem Finanzausgleich, die 200 Euro je Versicherten zu hoch ausfalle. In München würden für die Versorgung 200 Euro weniger als die tatsächlichen Behandlungskosten überwiesen, sagte Straub.

Unterschiedliche Kosten je nach Region

Diese Situation finde sich in ganz Deutschland. Regionen mit schwächeren Versorgungsstrukturen verursachten real niedrigere Kosten, weil es dort weniger Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken gebe. Kassen, die nur in solchen Gebieten tätig seien, würden so begünstigt.

Bundesweit geöffnete Kassen wie die Barmer seien sowohl in Regionen mit hohen als auch in solchen mit niedrigen Kosten vertreten. Die daraus erwachsenden Nachteile ließen sich nicht ausgleichen, selbst wenn sie erfolgreich wirtschafteten und über effiziente Organisationsstrukturen verfügten. "Region schlägt Management!" sagte Straub.

Ein Hochrisikopool soll ebenfalls zur Fairness beitragen. Ein Prozent der Versicherten löse 20 Prozent der Leistungen aus. Für einzelne Versicherte müssten Kassen drei Millionen Euro im Jahr und mehr aufwenden. Der Hochrisikopool solle bei Behandlungskosten ab 100.000 Euro im Jahr einspringen bei einem Selbstbehalt der Kassen von 20 Prozent.

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