Deklaration von Helsinki

"Wir wollen Probanden besser schützen!"

Die Generalversammlung des Weltärztebundes hat sich am Wochenende neue ethische Regeln für klinische Studien gegeben. Das entspricht dem schon jetzt gültigen Reglement für die Arzneimittelhersteller, betont der vfa.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Studienteilnehmer sollen im Schadensfall leichter zu ihrem Recht kommen: BÄK-Präsident Montgomery.

Studienteilnehmer sollen im Schadensfall leichter zu ihrem Recht kommen: BÄK-Präsident Montgomery.

© Stephanie Pilick

BERLIN. Mehr Schutz und Rechte für Teilnehmer an klinischen Studien sowie höhere Anforderungen an die Qualifikationen der Mitglieder von Ethikkommissionen.

Der Weltärztebund hat bei seiner 64. Jahrestagung im brasilianischen Fortaleza eine neue Fassung der Deklaration von Helsinki verabschiedet. Die Deklaration definiert die ethischen Grundsätze von Ärzten für die Forschung am Menschen.

"Wir wollen Teilnehmer von medizinischen Studien besser vor möglichen Gefahren schützen und ihnen im Schadensfall leichter zu ihrem Recht verhelfen", sagte derPräsident der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery.

Die Deklaration definiere einen besseren Schutz, insbesondere für vulnerable Gruppen, fordere präzisere und spezifischere Anforderungen für Maßnahmen nach Abschluss einer Studie und beziehe erstmalig den Aspekt von Kompensationen für Geschädigten mit ein, berichtete Montgomery.

Neu sei auch die Forderung, dass jede medizinische Studie registriert werden sollte und nicht nur klinische Studien.

Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte den Vorsitz der internationalen Arbeitsgruppe, die mit der Überarbeitung betraut worden war.

"Für Deutschland sind durch diese Neufassung keine grundlegenden Änderungen zu erwarten, sagte Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer Forschung, Entwicklung und Innovation des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen (vfa) am Montag der "Ärzte Zeitung".

Hierzulande gebe es längst eine Probandenversicherung, für den Schutz vulnerabler Gruppen und für eine Anschlussbehandlung von Studienteilnehmern sei gesorgt.

Keine großen Änderungen für multinationale Studien

Dies ist nicht überall gleichermaßen der Fall. Bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates berichteten indische Ärzte von niedrigen Schutzstandards für Probanden in Studien in Indien. Dort findet zunehmend Forschung zu neuen Wirkstoffen statt.

Ein weiterer Auslöser für die Revision der Deklaration von Helsinki war die Zunahme grenzüberschreitender klinischer Studien zum Beispiel über seltene Erkrankungen, für die es in einem Land nicht genügend Patienten gibt.

Weil in der Europäischen Union die Zahl der klinischen Studien zwischen 2006 und 2011 von mehr als 5000 auf 3800 gesunken ist, plant die Europäische Kommission die Studienlandschaft neu zu ordnen. Dabei könnte es zu einer Verordnung kommen, die die ethischen Standards von Studien senken könnte. Dagegen läuft das Europaparlament Sturm.

In der neuen Fassung der Deklaration von Helsinki gibt es nun einen Satz, der erstmals die Qualifikation der Mitglieder von Ethikkommissionen festlegt. Sie sollen "duly qualified, also ausreichend für ihre Aufgaben qualifiziert sein.

Das sind Soll-Vorschriften, denen sich Ärzte unterwerfen sollen. Aber: "Eine Polizeifunktion hat die Deklaration von Helsinki nicht", sagte Dr. Ramin Parsa-Parsi von der Bundesärztekammer im Interview mit der "Ärzte Zeitung".

"Für multinationale Studien von Pharma-Unternehmen dürfte sich nicht allzu viel ändern", schätzt Siegfried Throm vom vfa.

Eine Kompensation für durch eine Studie zu Schaden gekommene Teilnehmer beispielsweise sei hier seit langem fester Bestandteil jeder Studie und werde bei der Bewertung und Genehmigung jeder Studie ausdrücklich geprüft, sagte Throm.

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