Qualitätskontrolle

Rechnungshof rügt Berliner Heimaufsicht als viel zu lasch

"Systematische Kontrolldefizite" wirft der Berliner Rechnungshof der Heimaufsicht in der Hauptstadt vor. Was die Prüfer stört: Unangemeldete Kontrollen gibt es so gut wie gar nicht.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
20.5.2009 ÄZ: Ärzte müssen nicht eine lange Liste von Wünschen erfüllen, sie müssen vor allem zuhören. Foto: momanuma©www.fotolia.de - Bildnummer: #11774217 Publikationsname / Publikationsnummer / E-Tag TT.MM.JJJJ (optional) 12084_009_003 AuM 03/2015

20.5.2009 ÄZ: Ärzte müssen nicht eine lange Liste von Wünschen erfüllen, sie müssen vor allem zuhören. Foto: momanuma©www.fotolia.de - Bildnummer: #11774217 Publikationsname / Publikationsnummer / E-Tag TT.MM.JJJJ (optional) 12084_009_003 AuM 03/2015

© momanuma / Fotolia

BERLIN. Nach dem Wohnteilhabegesetz ist die Heimaufsicht verpflichtet, in vollstationären Einrichtungen für pflegebedürftige oder behinderte Menschen mindestens einmal im Jahr, in Hospizen, Kurzzeit- oder Tagespflegeeinrichtungen wenigstens alle drei Jahre Prüfungen durchzuführen. Diese können sowohl angemeldet als auch unangemeldet vorgenommen werden.

Doch Überraschungsbesuche von Mitarbeitern der Heimaufsicht, die dem Landesamt für Soziales und Gesundheit untersteht, müssen die Heime nicht fürchten. Denn rund 90 Prozent der Prüfungen, die im Jahr 2015 erfolgten und vom Rechnungshof unter die Lupe genommen wurden, wurden vorher angemeldet, nur zehn Prozent erfolgten demnach ohne vorherigen Hinweis. Oft wurden die Prüfungen sogar schon Monate vorher angekündigt und den Heimbetreibern dazu auch noch verraten, welche konkreten Schwerpunkte untersucht werden. Einen "ungeschönten Eindruck" der Zustände im Heim könne die Heimaufsicht so schwerlich gewinnen, moniert der Rechnungshof in seinem Bericht 2017.

Jahrelang gleiche Kontrolleure

Weiterhin kritisieren die Rechnungsprüfer, dass Mitarbeiter der Heimaufsicht jahrelang für ein und dieselbe Einrichtung zuständig seien. Eine Rotation finde nicht statt. Und obwohl Prüfer des Medizinischen Dienstes oder der PKV auf Überbelegungen in Tagespflegeeinrichtungen hinwiesen, seien diese Meldungen nicht zum Anlass genommen worden, unangemeldete Prüfungen vorzunehmen.

Dringenden Nachbesserungsbedarf sieht der Rechnungshof bei der Ausgestaltung der Personalvorgaben, die das Land mit den Einrichtungsträgern schließt und anhand derer die Heimaufsicht überprüfen soll, ob die Personalausstattung den vertraglichen Anforderungen entspricht. Diese Vereinbarungen, so der Rechnungshof, seien so formuliert, dass die Prüfer nicht in der Lage seien, die geforderte Personalstärke "zweifelsfrei und mit angemessenem Verwaltungsaufwand" festzustellen.

Für behinderte Menschen zum Beispiel richtet sich in Berlin der Betreuungsbedarf nach der Leistungsgruppe, in die der Heimbewohner eingeordnet wird. Je nach Stufe bewegt sich der Leistungsumfang von 840 Minuten bis 1321 Minuten pro Woche. Einzelne Versuche von Mitarbeitern, aus diesen Vorgaben "das vertragliche Personal-Soll selbst zu ermitteln, scheitern regelmäßig", schreiben die Rechnungshofprüfer in dem Bericht.

Die Folge: Die Heimaufsicht ist gar nicht in der Lage, die Personalvorgabe zu kontrollieren, weil geeignete Prüfmaßstäbe fehlen. Ordnungswidrigkeiten kann sie damit überhaupt nicht verfolgen.

Die Gesundheitssenatsverwaltung weist die Kritik des Rechnungshofes zurück. Es sei sehr wohl möglich, die Personalvorgaben "ohne ausufernden Zeitaufwand zu ermitteln". Die Heimaufsicht sicherte dem Rechnungshof zu, "künftig grundsätzlich allen Hinweisen in Prüfberichten von MDK/PKV auf Überbelegungen nachzugehen".

"Ein sinnvolles Nebeneinander"

Ob in Zukunft mehr unangemeldete Prüfungen in Heimen vorgenommen werden, bleibt abzuwarten. Gesundheitssenatsverwaltung und Heimaufsicht äußerten sich gegenüber dem Rechnungshof nicht konkret dazu, sondern sagten nur, dass weiterhin "ein sinnvolles Nebeneinander von unangemeldeten und angemeldeten Prüfungen" nötig sei.

Den Autoren des Rechnungshofberichts scheint schon zu schwanen, dass mit großen Änderungen bei der bisherigen Prüfpraxis nicht zu rechnen sein wird. Von einem "sinnvollen Nebeneinander" der beiden Prüfungsarten könne "angesichts eines Anteils angemeldeter Prüfungen von rund 90 Prozent" gar nicht die Rede sein, merken sie spitz an.

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