DAK-Report

Burn-out ist keine Volkskrankheit

Die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen wächst seit Jahren. Warum eigentlich? Die DAK sucht Antworten.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Alltagshektik - aber das allein macht nicht krank.

Alltagshektik - aber das allein macht nicht krank.

© chris-m / fotolia.com

BERLIN. Immer mehr Arbeitnehmer werden aufgrund psychischer Leiden krank geschrieben. Die Zunahme der Fehltage ist jedoch laut DAK Gesundheitsreport 2013 mit steigendem Druck in der Arbeitswelt kaum zu begründen.

Zum Beispiel sei entgegen dem weit verbreiteten Eindruck Burn-out "kein Massenphänomen" in der Gesellschaft.

Der Report wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt. Demnach ist auch die totale Erschöpfung aufgrund ständiger Erreichbarkeit bei Arbeitnehmern eher selten: Lediglich acht Prozent der 3000 Befragten DAK-Versicherten gaben an, ständig per Telefon oder Mail für ihre Chefs verfügbar zu sein.

Die Mitarbeiter sahen sich der Befragung zufolge bereits bei seltenen Anrufen außerhalb der Arbeitszeit einem erhöhten Risiko ausgesetzt, psychisch zu erkranken.

Das Problem ist jedoch komplex. Fakt ist: Die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen wie zum Beispiel Depression hat sich in der Zeit zwischen 1997 und 2012 mit plus 165 Prozent mehr als verdoppelt.

Gleichzeitig blieb der Krankenstand mit knapp vier Prozent im selben Zeitraum relativ konstant. "Erstmals sind die psychischen Erkrankungen nach den Muskel- und Skeletterkrankungen auf Platz zwei der Ausfalltage vorgerückt", sagte DAK-Chef Herbert Rebscher.

Kein Umdenken in den Betrieben

Der Produktionsausfall infolge der psychischen Diagnose werde mittlerweile auf mehr als 25 Milliarden Euro beziffert. Als Begründung für die deutliche Zunahme der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen nannte Rebscher ein Umdenken bei Ärzten und Patienten: Deren Bewusstsein für das Thema habe sich erheblich verändert.

Beschäftigte würden heute mit einem psychischen Leiden krankgeschrieben, früher dagegen mit Diagnosen wie chronische Rückenschmerzen oder Magenbeschwerden. Auch Hans-Dieter Nolting, Geschäftsführer des IGES Instituts Berlin, ist der Meinung, dass psychische Störungen "seit Jahrzehnten" in der Bevölkerung nahezu gleich verbreitet seien.

In den Betrieben habe es hingegen noch kein Umdenken gegeben: Psychische Erkrankungen seien nach wie vor stigmatisiert. Das Verständnis von Kollegen für psychische Probleme werde im Jahr 2012 eher pessimistischer eingeschätzt als 2004, so der DAK-Chef.

Das Phänomen "Burn-out" werde hingegen deutlich überschätzt. Im Jahr 2012 vermerkten Ärzte laut Report lediglich bei jedem 500. Mann und jeder 330. Frau "Burn-out" auf der Krankschreibung.

Für den Gesundheitsreport hat die DAK-Gesundheit die Krankschreibungen von 2,7 Millionen erwerbstätigen Versicherten in Zusammenarbeit mit dem IGES Institut aus Berlin ausgewertet.Dieter Best, Bundesvorsitzender der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV), betonte, dass die Menschen nicht anders krank sein, als früher.

"Psychische Krankheiten werden eher erkannt als früher." Damit die Betroffenen jedoch versorgt werden könnten, müsse die psychotherapeutische Versorgung ausgebaut werden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Es fehlt die Therapie

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 27.02.201315:53 Uhr

Come in - and burn out!

Im Gegensatz zu den für Untersuchung, Diagnose, Therapie und AU-Bescheinigung relevanten psychischen Erkrankungen der ICD 10-GM, F-Gruppe, sind beim "Burn-out"-Syndrom eher Arbeits-, Sozial- und Lebensbedingungen der Patienten krankmachend.

Der Begriff erleichtert zwar vielen Patienten die Verbalisierung ihrer Probleme. Aber auch psychosomatisch orientierte Haus- und Fachärzte, Akut- und Rehakliniken können zunehmend psychopathologisierendes Arbeitsleben, soziale Wahrnehmung und Kommunikationsumfeld nicht verändern.

Für AU-Krankschreibungen ist das ''Burn-out-Syndrom'' mit der Verschlüsselung Z.73 nach ICD-10-GM nicht zielführend und deshalb nur mit 0,2% bis 0,3% Häufigkeit vertreten. Die mit den Hauptsymptomen emotionale Erschöpfung und reduzierte Leistungsfähigkeit verbundenen Krankheitsentitäten sind:

• depressive Erschöpfung F48.0 ICD-10-GM
• akute Belastungsreaktion F 43.0
• emotionale Krise F43.2
• Depressive Episode F32.9
• Depressive Störung, leicht F32.0
• Depressive Störung, mittelschwer F32.1
• Depressive Störung, schwer, ohne Psychose F32.2
• Erschöpfung durch Überanstrengung T73.3
• Leistungsabfall R53 ICD-10-GM

Insgesamt ist zu begrüßen, dass offener, ehrlicher und direkter über seelische Störungen, Probleme und Einschränkungen in der Gesellschaft gesprochen wird.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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