Westfalen-Lippe

Was ist die Zukunft der ambulanten Medizin?

Wie die Versorgung im ländlichen Raum sichergestellt werden kann, das war Thema einer Veranstaltung der KV Westfalen-Lippe. Telemedizin und sektorübergreifende Modelle sind laut Ingrid Fischbach (CDU) unverzichtbar- der Innovationsfonds könnte helfen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DORTMUND. Mit den heute etablierten Strukturen wird sich die künftige Versorgung der Bevölkerung gerade im ländlichen Raum nicht sicherstellen lassen. Alternative Versorgungsformen wie die Telemedizin und sektorübergreifende Modelle müssen deshalb an Bedeutung gewinnen.

"Was wir heute tagtäglich machen, wird nicht ausreichen", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), anlässlich einer gemeinsamen Veranstaltung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und der Techniker Krankenkasse (TK) in Dortmund.

Schon einige gute Projekte

Dabei könne der geplante Innovationsfonds eine entscheidende Rolle spielen. "Es gibt bereits einige sehr gute Projekte. Wir müssen sehen, wie wir sie in die Regelversorgung bringen", sagte Fischbach.

Um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, sei ein ganzes Bündel an Maßnahmen erforderlich, die an die Bedürfnisse in den unterschiedlichen Regionen angepasst werden müssten. Die Allgemeinmedizin muss nach Fischbachs Ansicht in der ärztlichen Ausbildung ein größeres Gewicht bekommen.

"Ärzte müssen sehen, dass die Arbeit als Hausarzt etwas Positives ist", forderte Fischbach. Es dürfe nicht sein, dass die künftigen Mediziner im Studium von der hausärztlichen Tätigkeit, aber auch der Niederlassung insgesamt abgeschreckt würden.

Für den Gesundheitsökonomen Professor Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld führt an einer kompletten Umgestaltung der Bedarfsplanung kein Weg vorbei. "Die Bedarfsplanung ist völlig veraltet, nicht nur von den Zahlen, sondern auch vom Ansatz her."

Das heutige Verfahren könne weder den veränderten Bedürfnissen der jungen Ärztinnen und Ärzte, noch dem sich verändernden Krankheitsspektrum und dem demografischen Wandel Rechnung tragen.

"Es muss ein ganz neues System aufgebaut werden, das die Ressourcen, die wir haben, klüger einsetzt", sagte Greiner, der Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist.

Neue unbürokratische Wege

Dr. Gerhard Nordmann, Vize-Vorsitzender der KVWL, sieht eine Aufgabe der KVen darin, nach neuen und unbürokratischen Wegen zu suchen, um Versorgungslücken zu schließen. "Wir werden mit Krankenhäusern sektorübergreifend zusammenarbeiten, wo es notwendig ist", sagte er.

Die KVWL wolle versuchen, gemeinsam mit den Krankenkassen aus einer Klinik im Münsterland, die Pleite gegangen ist, angesichts des akuten Haus- und Fachärztemangels in der Region ein Ärztehaus zu machen.

Die Idee sei noch ganz neu, er werde jetzt auf die Kassen zugehen, kündigte Nordmann an. "Ich werde sie fragen, ob sie bereit sind, die Gelder, die sie durch die Schließung der Klinik sparen, in die ambulante Versorgung umzuleiten."

Im Einzelfall könne eine solche Lösung Sinn machen, sie sei aber kein Patentrezept, betonte der Leiter der TK in Nordrhein-Westfalen Günter van Aalst.

"Wir können nicht aus allen Häusern MVZ machen." Für Kliniken, die für die Grundversorgung benötigt werden, seien finanzielle Anreize nötig. Diese Häuser könnten dann in Regionen mit Ärztemangel auch die fachärztliche Versorgung übernehmen. "Wir brauchen eine sektorübergreifende Nutzung der ärztlichen Kapazitäten", sagte van Aalst.

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