BGH-Urteil

Eine Aufklärung reicht bei Problemgeburt

Der BGH konkretisiert in einem Urteil Pflichten der Ärzte bei Problemgeburten.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

KARLSRUHE. Zeichnet sich bei einer Geburt die Möglichkeit eines Kaiserschnitts ab, sollten Ärzte die Patientin möglichst früh über Risiken, Vor- und Nachteile aufklären.

Wenn sich die Gefahrenlage nochmals deutlich zuspitzt, sind entsprechende Informationen, nicht aber eine erneute Aufklärung erforderlich, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied.

Im entschiedenen Fall war die Schwangere wegen vorzeitiger Wehen im Klinikum Mannheim aufgenommen worden. Weil absehbar war, dass eventuell eine Schnittentbindung notwendig wird, klärten die Ärzte die Frau hierüber auf.

13 Tage später kam es zu einem Blasensprung. Weil eine natürliche Geburt über Stunden nicht in die Gänge kam, entschieden sich die Ärzte für eine Notsectio. Der Junge ist heute schwer behindert und verlangt von der Klinik eine Entschädigung.

OLG: Erneute Aufklärung vor Not-Sectio

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hatte der Klage unter Hinweis auf einen Aufklärungsfehler stattgegeben. Vor dem Not-Kaiserschnitt hätten die Ärzte die Frau nochmals über dessen Risiken, Vor- und Nachteile aufklären müssen.

Der BGH hielt dies für überzogen. Er bekräftigte zunächst, dass Ärzte bei einer normalen Geburt nicht über die Möglichkeit des Kaiserschnitts sprechen müssen. Erst wenn sich dies in der konkreten Situation als gleichwertige, "medizinisch verantwortbare Alternative darstellt", ist eine Aufklärung angezeigt.

Ärzte dürften dann nicht eigenmächtig an der vaginalen Geburt festhalten. Danach ist zudem eine "vorgezogene Aufklärung" angezeigt, wenn nach den konkreten Umständen die "ernsthafte Möglichkeit" besteht, dass eine Sectio erforderlich wird.

Es sei das "Recht jeder Frau", selbst über die Entbindungsmethode zu entscheiden, betonte der BGH. Allerdings gehe dies nicht so weit, dass Ärzte ein zweites Mal aufklären müssen, wenn bereits eine "vorgezogene Aufklärung" erfolgt ist.

Nach diesen Maßgaben soll das OLG Karlsruhe den Fall nochmals prüfen.

Bundesgerichtshof Az.: VI ZR 125/13

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