Clinch um E-Card

Gröhe droht Ärzten und Kassen

Die elektronische Gesundheitskarte und die Telematikinfrastruktur sind größere Baustellen als bislang angenommen. Ärzte und Kassen liegen sich in den Haaren. Jetzt hat der Gesundheitsminister gedroht, notfalls einzugreifen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Das Streitobjekt: die elektronische Gesundheitskarte. Der GKV-Spitzenverband hat angekündigt, dass die gerade weitgehend ausgegebenen neuen Versichertenkarten erneut ausgetauscht werden müssen.

Das Streitobjekt: die elektronische Gesundheitskarte. Der GKV-Spitzenverband hat angekündigt, dass die gerade weitgehend ausgegebenen neuen Versichertenkarten erneut ausgetauscht werden müssen.

© Bernd Thissen / dpa

BERLIN. Es kommt Bewegung in das Projekt "elektronische Gesundheitskarte" (eGK). Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) winkt den zerstrittenen Partnern in der Selbstverwaltung unverhohlen mit dem Zaunpfahl.

"Sollten weitere gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig sein, werden wir sie schaffen. Dazu stehen wir bereits in Gesprächen mit den Fraktionen", hat Gröhe am Mittwochnachmittag angekündigt.

Ausgelöst hat das Machtwort ein erneuter Streit zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband über die Sicherheit des Austausches von Patientendaten über elektronische Kommunikationswege.

Die Vorsitzende des GKV-Verbandes, Dr. Doris Pfeiffer, hat zudem angedeutet, dass auch die Technologiepartner (T-Systems, arvato Sytems und CompuGroup Medical) der von Kassen, Ärzten, Kliniken und Apothekern getragenen Betreibergesellschaft gematik beim Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI) hinterherhinken. "Wir haben die Komplexität des Projekts unterschätzt", sagte Pfeiffer.

KV-Safe-Net in der Kritik

Den Anstrengungen der Ärzte, das von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebene sichere Netzwerk KV-Safe-Net in die Telematikinfrastruktur einzubringen, droht derweil ein Rückschlag.

Sowohl das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als auch die Datenschutzbeauftragte des Bundes, Andrea Voßhoff (CDU), haben sich in Briefen an das Gesundheitsministerium gegen eine Anbindung von KV-Safe-Net an die geplante Telematikinfrastruktur des Gesundheitswesens und die alleinige Kontrolle des Netzes durch die Ärzte ausgesprochen.

Nur durch eine umfassende Migration des KV-Netzes in die TI könne durch die gematik ein einheitlich hohes Datensicherheitsniveau des Gesamtsystems sichergestellt werden, schreibt Voßhoff.

Das BSI wiederum bezweifelt, dass es die TI zertifizieren könne, wenn Teilnetze wie das der KBV der Kontrolle durch die gematik entzogen würden. Die Schreiben liegen der "Ärzte Zeitung" vor.

Bei der KBV bleibt man gelassen. In Gesprächen mit dem Ministerium und dem BSI sei man bereits im Mai 2013 überein gekommen, dass das Netz unter der Regelungshoheit der KBV stehen solle, sagte ein Sprecher der "Ärzte Zeitung".

Minister Gröhe hat unterdessen deutlich gemacht, dass ihm "jegliches Verständnis" für weiteren Streit zwischen Ärzten und Kassen über das Projekt und weitere Verzögerungen abgehe. "Im Vordergrund muss der Patientennutzen, die Datensicherheit und ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis stehen", sagte er am Mittwoch.

Linke fordert sofortigen Stopp

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), mahnte an, die Karte müsse endlich Verbesserungen bringen. "Dafür lohnt es sich auch, die gesetzlichen Zügel anzuziehen und weiter Druck zu machen", sagte Spahn der dpa.

Auch die Opposition beschäftigt sich mit dem Thema. Die Linke hat am Mittwoch einen sofortigen Stopp des "Mega-Projektes elektronische Gesundheitskarte" gefordert. "Spürbare Verbesserungen der Versorgung sind nicht in Sicht", sagte Linken-Politikerin Kathrin Vogler.

Die Grünen haben sich mit einer kleinen Anfrage zum Stand der Arbeiten an der eGK und zur Sicherheit der Patientendaten im Lichte der bekannt gewordenen Aktivitäten amerikanischer Geheimdienste auch in Deutschland an die Bundesregierung gewandt.

Derweil tickt die Kostenuhr weiter. Pfeiffer hat angekündigt, dass die gerade weitgehend ausgegebenen neuen Versichertenkarten erneut ausgetauscht werden müssen. Dies könne einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Bis Ende des Jahres werde das Gesamtprojekt mehr als eine Milliarde Euro verschlungen haben.

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