Teamführung

Mit wenigen Bausteinen zu mehr Effizienz

Ständige Konflikte im Team oder Mitarbeiter, die sich lieber in der "sozialen Hängematte" ausruhen, statt aktiv anzupacken: Das kostet Praxen Geld. Mit der richtigen Teamführung lösen Ärzte das Problem.

Von Dr. Andrea Schuhmacher und Andrea Becker Veröffentlicht:
Als Vorbereitung einer Teambesprechung sollten Praxischefs Aufgaben unter den MFA verteilen. Dann beteiligen sich die Fachangestellten auch aktiv mit Ideen.

Als Vorbereitung einer Teambesprechung sollten Praxischefs Aufgaben unter den MFA verteilen. Dann beteiligen sich die Fachangestellten auch aktiv mit Ideen.

© Gina Sanders / Fotolia

KÖLN. Starke Teams zeichnen sich besonders dadurch aus, auch im stressigen Praxisalltag und bei unvorhersehbaren Herausforderungen gut zu kooperieren und souverän zu handeln. Empirischen Studien zufolge leistet ein gut eingespieltes Praxisteam einen erheblichen Beitrag zum Erfolg einer Arztpraxis. Gut eingespielt ist ein Team aber nur, wenn die Führungsspitze den notwendigen Rahmen dafür setzt.

Das Problem vieler Ärzte: Sie sind auf diese Aufgabe – also die Entwicklung von Mitarbeitern zu einem leistungsfähigen Team – zu Beginn ihrer Tätigkeit meist nicht vorbereitet.

Im Laufe ihrer Aus- und Weiterbildungszeit erwerben Ärzte zwar unglaublich viel Fachwissen, aber wie Personalmanagement und -führung funktionieren, steht nicht auf dem Lehrplan.

Mitarbeiter wollen Struktur

Doch das lässt sich nachholen. Der häufigste Fehler steckt bereits in der Annahme, dass die Praxis-Mitarbeiterinnen "das wie Erwachsene untereinander selbst regeln". Und dies nicht nur bei der gerechten Verteilung von Aufgaben, sondern auch beim Umgang mit Konflikten im Team. Diese Haltung ist zwar gut gemeint, jedoch wenig hilfreich.

Bei Konflikten ist es zum Beispiel besonders wichtig, sich als Vorgesetzter frühzeitig einzuschalten. Denn Streit im Praxisteam kann schnell eskalieren und zu einer Frontenbildung oder gar Spaltung des Teams führen.

Studien zufolge beschäftigen sich die Konfliktbeteiligten etwa drei bis vier Stunden pro Woche nur mit dem Konflikt und nicht mit ihrer eigentlichen Arbeit. Zusätzlich besteht das Risiko, dass Patienten solche Streitigkeiten während ihrer Wartezeit mitbekommen und diese negativen Beobachtungen im Bekanntenkreis weitererzählen.

Nicht nur in Konfliktsituationen hilft ein wenig psychologisches Know-how, wie Teams "ticken".

Leistung sichtbar machen

So ärgern sich viele Ärzte beispielsweise über das mangelnde Engagement einzelner Mitarbeiter/innen in Teambesprechungen. Schnell wird die Effizienz solcher Besprechungen infrage gestellt.

Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Wenn Menschen in einer Gruppe an einem gemeinsamen Ziel arbeiten, reduziert sich die Leistung des Einzelnen. Der Effekt tritt immer dann ein, wenn unklar ist, wie viel jeder zur Gesamtleistung beiträgt.

Dieses Zurücklehnen in der "sozialen Hängematte" ist normal. Es ist kein Ausdruck von Unwillen aufseiten einzelner Mitarbeiter.

Gegensteuern lässt sich, indem neben Teamaufgaben auch individuelle Aufgaben verteilt werden, die die Leistung des Einzelnen eben doch sichtbar machen. Wenn zum Beispiel als gemeinsames Praxisprojekt geplant ist, die Patientenzufriedenheit über verbesserten Service und patientenorientierte Kommunikation zu erhöhen, dann sollten erst einzelne Aspekte wie Telefonservice, Wartezeiten oder Kommunikation mit anspruchsvollen Patienten zur Vorbereitung an einzelne Mitarbeiter gegeben werden.

Erst im Anschluss daran wird alles mit dem gesamten Praxisteam weiterentwickelt. Bei diesem Vorgehen kann sich niemand zurückziehen, jeder Beitrag ist sichtbar.

Der ideale Mitarbeiter – ein Mythos?

Einen absolut idealen Mitarbeiter gibt es wohl nicht, aber es gibt die ideale Besetzung für einen bestimmten Arbeitsplatz. Bei der Besetzung einer Stelle sollte daher darauf geachtet werden, welche Stärken und Talente der Mitarbeiter mitbringt. Und, an welchem Arbeitsplatz er diese am besten einsetzen kann.

Demgegenüber wird der Einsatz nach defizitorientierten Gesichtspunkten, nach dem Motto "Das müssen Sie jetzt ganz besonders lernen", eher einen negativen Effekt haben. Der entsprechende Mitarbeiter wird in diesem Bereich einfach nie so gut sein wie die Kollegen mit mehr Talent; die Fehlerhäufigkeit steigt, und Demotivation ist die Folge.

Ein kontinuierliches Rotieren, wie es in vielen Praxen üblich ist, sollte daher gut überlegt sein. Denn dabei arbeiten Mitarbeiter immer wieder eine ziemlich lange Zeit auf Positionen, in denen sie gegebenenfalls absolut talentfrei sind.

Neue Mitarbeiter – was zählt?

Die Praxismitarbeiter sind die wichtigste "Software" einer Praxis. Etwa 70 Prozent des Eindrucks, den ein Patient aus der Praxis mitnimmt, resultiert nicht aus der Behandlung durch den Arzt, sondern aus dem Engagement der Mitarbeiter.

Beim Bewerbungsgespräch lassen sich Ärzte häufig besonders durch fachliche Qualifikation einer Bewerberin beeindrucken. Weitaus weniger wird ein Blick auf die persönliche Eignung geworfen, und noch weniger wird diese systematisch in das Bewerbungsgespräch mit einbezogen.

Wenn eine Bewerberin als Person nicht zu einem Praxisteam passt, kann dies später zu erheblicher Unzufriedenheit und sogar zur Kündigung führen.

Ein Beispiel: Eine Medizinische Fachangestellte (MFA) wird wegen ihres hervorragenden fachlichen Könnens eingestellt. Doch nach kurzer Zeit ist die Begeisterung des Praxischefs dahin, da die neue Mitarbeiterin sich grundsätzlich nicht an seine Vorgaben hält und gegenüber den Kolleginnen auf Konfrontationskurs geht.

Hier hätten schon im Bewerbungsgespräch Schlüsselqualifikationen, wie Teamfähigkeit, Flexibilität, Kommunikations- und Kontaktfähigkeit abgefragt werden müssen. Dazu können etwa einfache Situationen aus dem Praxisalltag als Fallbeispiele ("Wie würden Sie reagieren, wenn ...") besprochen werden. Es könnte aber zumindest bei einem zweiten Gespräch auch die Ersthelferin mit dabei sein.

Eigenen "Personaler" einsetzen

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die fachliche Eignung eines Mitarbeiters im Nachhinein meist verbessern lässt, die soziale Kompetenz und Persönlichkeit dagegen kaum.

Eine adäquate Teamführung und -entwicklung im Praxisalltag ohne fundiertes Hintergrundwissen gestaltet sich für viele Praxisinhaber naturgemäß sehr schwierig, da das Hauptaugenmerk auf der Behandlung von Patienten liegt.

Um den Praxisinhaber zu entlasten, kann dieser wichtige Aufgabenbereich daher durchaus auf eine PraxismanagerIn oder Ersthelferin übertragen werden. Diese wären dann aber vorab zu schulen.

Dr. Andrea Schuhmacher ist Beraterin, Coach und Trainerin für Personalentwicklung bei der Dr. Schuhmacher Consulting & Training GmbH in Köln. Andrea Becker ist Referentin für Unternehmenskommunikation, Presse und PR bei der Firma Frielingsdorf Consult GmbH in Köln.

Verlorene Zeit

» Drei bis vier Stunden pro Woche beschäftigen sich Mitarbeiter, die sich in einem Konflikt mit Kollegen befinden, nur mit diesem Streit. Die eigentliche Arbeit bleibt in dieser Zeit liegen, das haben mehrere Studien ergeben.

» 2014 fand Professor Martin-Niels Däfler in einer Online-Befragung von über 350 Berufstätigen heraus, dass durchschnittlich zehn Prozent der Arbeitszeit verloren gehen, weil Mitarbeiter in unternehmensinterne Konflikte verwickelt sind. "Das ist ein halber Tag pro Woche", schrieb Däfler im Bericht bzw. Blogbeitrag zur Studie auf der Website des Harvard Business Manager (https://tinyurl.com/l4xa43o).

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