Kommentar

Ideologisierter Eigennutz?

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

Ist es vorstellbar, dass ein Arzt, eine Ärztin, eine Hebamme den Tod eines ungeborenen Kindes "billigend in Kauf", also zustimmend hinnimmt? Alles sträubt sich gegen diesen Gedanken. Und doch: Menschen, die sich selbst oder auch eine bestimmte Ideologie über alles stellen, gibt es überall.

Das Landgericht Dortmund hat jetzt eine Ärztin und Hebamme zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Gehört die 60-Jährige also zu besagten Zeitgenossen und hat sie aus ideologisiertem Eigennutz die Klinikeinweisung unterlassen? Anhänger außerklinischer Geburten warfen dem Gericht denn auch nach dem Urteil vor, einen "Hexenprozess" geführt zu haben.

Doch das Urteil beruht letztlich auf einer Gegenfrage: Kann eine erfahrene Ärztin nach einem sich bereits über 14 Stunden hinziehenden Geburtsvorgang und einem zweiten Mekonium-Abgang immer noch ernsthaft glauben, dass sie mit den Mitteln eines Hotelzimmers alles im Griff hat und dass alles gut wird?

Nein, so das Landgericht. Rechtlich macht das aus "bewusster Fahrlässigkeit" einen Vorsatz, aus fahrlässiger Tötung Totschlag mit mehrjähriger Haft. Die rechtliche Würdigung der Umstände dieses Falls wird der Bundesgerichtshof prüfen. Gedanken lesen, der Ärztin ins Gehirn schauen, das kann niemand.

Lesen Sie dazu auch: Notfall bei Hausgeburt: Ärztin geht in Revision

Mehr zum Thema

Brandbrief

ABDA appelliert an Habeck, höhere Skonti zu erlauben

Landessozialgericht

Hohe Hürden für Corona-Infektion als Arbeitsunfall

Kritik an Regierungsplänen

G-BA-Chef Hecken: Ärzten droht Burn-out nicht vom Geldzählen!

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

In Zahlen

Ärztemangel? Wir haben mal nachgerechnet

Lesetipps
„Kein Krankenhaus kennt momentan seine Zukunftsperspektive“: Der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Professor Josef Hecken.

© Rolf Schulten

Kritik an Regierungsplänen

G-BA-Chef Hecken: Ärzten droht Burn-out nicht vom Geldzählen!