Patientenverfügung

Formulierungen müssen ganz konkret sein

Eine Patientenverfügung muss sich konkret auf bestimmte Maßnahmen oder Krankheiten beziehen. Eine Ablehnung "lebensverlängernder Maßnahmen" allein reicht nicht aus. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichthofs hervor.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Patientenverfügungen sollten möglichst eindeutig sein, so ein Urteil des Bundesgerichtshofs.

Patientenverfügungen sollten möglichst eindeutig sein, so ein Urteil des Bundesgerichtshofs.

© Sanders / fotolia.com

KARLSRUHE. Allein die Ablehnung "lebensverlängernder Maßnahmen" reicht nicht aus, um eine künstliche Ernährung zu beenden.

Eine Patientenverfügung muss sich vielmehr auf konkrete Maßnahmen oder konkrete Krankheiten beziehen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschied.

Aus einer Patientenvollmacht muss danach deutlich hervorgehen, ob sie sich auch auf Maßnahmen wie die künstliche Ernährung oder Beatmung bezieht.

Damit bleibt vorerst offen, ob eine heute 75 Jahre alte Frau aus Baden-Württemberg weiter künstlich ernährt werden soll. Als 70-Jährige hatte sie einen Hirnschlag erlitten.

Seitdem wird sie über eine Magensonde ernährt. Später erlitt sie schwere epileptische Anfälle, so dass sie sich nicht mehr selbst äußern kann.

Landgericht muss erneut prüfen

Früher hatte sich die Frau in einer Patientenverfügung gegen "lebensverlängernde Maßnahmen" ausgesprochen, wenn ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt. Zudem hatte sie einer ihrer drei Töchter eine "Generalvollmacht" erteilt, die auch gesundheitliche Angelegenheiten umfasst.

Danach darf die Tochter auch über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen entscheiden.

Bislang hat die Tochter einen Abbruch der künstlichen Ernährung aber nicht verfügt. Sie und auch die Hausärztin der 75-Jährigen sind der Auffassung, dass dies nicht deren Willen entspräche. Genau dies meinen aber die beiden anderen Töchter.

Dem war das Landgericht Mosbach gefolgt. Es setzte eine der beiden als "Kontrollbetreuerin" für den Bereich der Gesundheitsfürsorge ein. Wird dies rechtskräftig, könnte diese das Ende der künstlichen Ernährung anordnen.

Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss hob der BGH die Entscheidung des Landgerichts nun aber auf und verwies den Streit zur erneuten Prüfung dorthin zurück.

Die Patientenverfügung sei nicht deutlich genug, und der Wille der 75-Jährigen stehe nicht fest, erklärten die Karlsruher Richter zur Begründung.

Parallelen zur Patientenvollmacht

In einer Patientenverfügung seien allgemeine Formulierungen wie der Wunsch nach einem "würdevollen Sterben" oder die Ablehnung "lebensverlängernder Maßnahmen" nicht konkret genug.

Denn es sei unklar, ob sich dies ausschließlich auf die medizinische Behandlung beziehen soll, oder auch auf Maßnahmen wie die künstliche Ernährung oder die künstliche Beatmung. Die Patientenverfügung müsse daher auf bestimmte Maßnahmen oder bestimmte Krankheitsbilder eingehen.

Andernfalls könne sie eine bindende Wirkung nicht entfalten. Ähnlich müsse auch in einer Patientenvollmacht deutlich werden, ob die bevollmächtigte Person nur über die unmittelbare medizinische Behandlung oder auch über lebenserhaltende Maßnahmen wie die künstliche Ernährung oder die künstliche Beatmung entscheiden darf und ob dies für die Ärzte verbindlich sein soll.

Hier sei dies in einer der zwei vorliegenden Fassungen erfüllt. Daher sei die Vollmacht für die eine der drei Töchter gültig. Sie könne nur beschränkt werden, wenn sich diese Tochter nachweislich über den Willen der Mutter hinwegsetzt.

Das Landgericht Mosbach habe bislang aber nicht ausreichend dargelegt, dass dies hier der Fall ist, weil ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem Willen der 75-Jährigen entspräche.

Das Landgericht soll daher nun prüfen, ob die Frau früher mündliche Äußerungen gemacht hat, die auf ihren Willen schließen lassen.

Az.: XII ZB 61/16

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