Kommentar
Scheinheilige Kritik an Kassen
Es ist eine verquere Diskussion, die rund um die Zusatzbeiträge entbrannt ist. Da kündigen acht von knapp 170 gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam an, sie müssten bald von ihren Versicherten einen Zusatzobolus verlangen. Schon argwöhnen Politiker - allen voran Kanzlerin Merkel -, hier lägen Absprachen vor, die eigentlich ein Fall für das Kartellamt seien. Man traut seinen Ohren nicht.
Die große Koalition hat mit ihrer Gesundheitsreform - die Wettbewerb nur im Namen trägt - die Krankenkassen an die Kandare genommen. Die Beitragsautonomie wurde einkassiert, Vergütungssysteme sind bundeseinheitlich glattgebügelt. Krankenkassen, die rund 60 Prozent der Gesundheitsausgaben verantworten, wurden von der Politik zur wettbewerbsfreien Zone erklärt. Dass bei derart nivellierten Ausgangsbedingungen mehrere Krankenkassen gleichzeitig ihren letzten Trumpf - den Zusatzbeitrag - ziehen müssen, ist alles andere als verwunderlich.
Der Gesetzgeber hat Krankenkassen im Sozialgesetzbuch V eine Sonderstellung eingeräumt, das Kartellverbot gilt bei Verträgen etwa zwischen Kassen und Arznei- oder Hilfsmittelherstellern nicht. Das könnten die Kanzlerin und ihre Koalition jederzeit per Gesetz ändern - und sich scheinheilige Klagen sparen.
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