Steiniger Weg zum neuen Spezialsektor
Ärzte in Praxis und Krankenhaus sehen mit gemischten Gefühlen der Umsetzung der Ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung entgegen. Große Zweifel herrschen nicht nur am Zeitplan.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat noch nicht wirklich damit begonnen, die Spielregeln für die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) auszuarbeiten.
Doch schon heute ist abzusehen, dass die Auseinandersetzung der Lobbygruppen zäh werden wird. Dies wurde beim zweiten "Branchentreff Onkologie" am Mittwoch in Berlin deutlich.
Besonders aufmerksam begleiten die Hämatologen und Onkologen in Praxen und Krankenhäusern das Entstehen des neuen Sektors. Sie sind in zweierlei Hinsicht betroffen.
Zum einen wird ein großer Teil des erwarteten Leistungsumfangs bei ihnen auflaufen, zum anderen hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Sektoren bei der Versorgung von besonders schwer erkrankten Krebspatienten zusammenarbeiten.
Vorgaben des Gesetzgebers als sehr unscharf kritisiert
Allein den Behandlungsumfang festzulegen werde dem Gemeinsamen Bundesausschuss problematische Diskussionen bescheren. Die Vorgaben des Gesetzgebers dazu seien "sehr unscharf", sagte Professor Axel Heyll vom MDK Nordrhein.
Das Gesetz spricht von komplexen, schwer zu therapierenden Krankheiten, von schweren Verlaufsformen und hochspezialisierten Leistungen. Dass darunter nicht jede Krebserkrankung fallen kann, darüber sind sich die Fachleute einig. Auf welche Diskussionen der GBA sich einstellen kann, auch.
"Ich bin tierisch gespannt, wie es der Deutschen Krankenhausgesellschaft gelingen wird, die adjuvante Chemotherapie des Mammakarzinoms als besonders schwere Verlaufsform einer onkologischen Erkrankung zu definieren, damit das in den Katalog kommt," sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes der niedergelassenen Hämatologen und Onkologen, Dr. Stephan Schmitz.
Zweifel am Zeitplan
Große Zweifel bestehen, ob der GBA die Spielregeln für den neuen Sektor überhaupt noch in diesem Jahr aufstellen kann. Einen "ambitionierten Zeitplan" nannte Heyll die zeitliche Vorgabe. Schmitz zielte in die gleiche Richtung: Der GBA könne als Tiger springen und als Bettvorleger landen.
Bauchschmerzen bereitet auch das Kooperationsgebot. Davon ausgenommen ist, wer nach zwei Monaten Suche keinen Partner gefunden hat. Diese Regel erscheint den niedergelassenen Onkologen zu weich.
Der GBA solle dann schriftliche Nachweise verlangen dürfen, dass eine Klinik sich tatsächlich um niedergelassene Partner bemüht habe, sagte Schmitz.
Erfüllen sich die Hoffnungen auf eine angemessene Vergütung in der ASV? Skepsis auch hier. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, eine Frist zu setzen, bis wann die Honorierung in der ASV von EBM auf Fallpauschalen umgestellt werde, sagte Schmitz.
"Niveau wird niedrig gesetzt"
Wenig Optimismus verbreitete Professor Ulrich Keilholz vom Charité Comprehensive Cancer Center (CCC). Schon das bisherige System nach dem alten Paragrafen 116b funktioniere nur eingeschränkt. Es gebe keine vernünftige Abrechnungsform, um den Aufgaben nachzukommen. Die meisten Behandlungsschritte würden ambulant anfallen.
Wenn mit der ASV ein Finanzierungsweg komme, der die Differenzierung zwischen stationären und ambulanten Aufgaben abbilde, wäre dies von Vorteil. Er sehe dies aber sehr skeptisch. "Das Niveau wird niedrig gesetzt, so dass die hochspezialisierten Kliniken wie die CCC von diesem System nichts haben werden", sagte Keilholz.