"Zuviel Euphorie bei Beurteilung des Vertrages"

MAINZ (eb). Einen kritischeren Umgang mit dem Vertrag zur hausärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg wünscht sich der Vorsitzende der KV Rheinland-Pfalz Dr. Günter Gerhardt.

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Besondere Kritik übt der KV-Chef daran, dass die wesentliche Botschaft des zwischen der AOK Baden-Württemberg, dem Hausärzteverband und Medi geschlossenen Vertrags laute: "Der Hausarzt bekommt zukünftig im Schnitt statt wie bisher 55 Euro jetzt 78 Euro pro Patient und Quartal."

Gerhardt: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen

Gerhardts Auffassung: Hier werden Äpfel und Birnen verglichen, denn der im Hausarztvertrag erreichbare Höchstbetrag von 78 Euro setze sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die aber auch aus der KV-Abrechnung bekannt seien. Würden diese beim KV-Fallwert von 55 Euro berücksichtigt, so kämen noch 20 Euro für die Betreuung eines Patienten im DMP dazu. "Das sind dann schon 75 Euro", sagt Gerhardt. Werde dann noch die Betreuungspauschale aus Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung von üblicherweise neun Euro dazugerechnet, dann seien das bereits 84 Euro, also mehr als in dem baden-württembergischen Vertrag.

Vertragsabschluss durch KV - Alle hätten aufgeschrien

Gerhardt findet, dass bei der vergleichenden Beurteilung des Vertrages in Baden-Württemberg und der von KVen abgeschlossenen Hausarztverträgen häufig mit zweierlei Maß gemessen werde. So müssten Hausärzte in Baden-Württemberg, die an dem Vertrag teilnehmen, eine bestimmte Vertragssoftware für die Abrechnung installieren, es müssten Vertragsschulungen absolviert werden und es müsse aktiv an DMPs und an strukturierten Qualitätszirkeln vor allem zur Arzneimitteltherapie teilgenommen werden. Das Führen eines elektronischen Patientenpasses sei verpflichtend. Ebenso müssten teilnehmende Hausärzte bis zu einer bestimmten Frist die Qualifikation in den Bereichen Psychosomatik und Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erwerben.

Gerhardt appelliert an seine Kollegen in Baden-Württemberg, sich den Vertrag genau durchzulesen. Und fügt hinzu: Hätte eine KV einen solchen Vertrag abgeschlossen, hätte es einen großen Aufschrei gegeben.

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 19.05.200816:17 Uhr

"Zuviel Euphorie bei Beurteilung des Vertrages"

Dr.Karlheinz Bayer
Bad Peterstal

mit Dr.Gerhardt steht endlich mal einer der KV auf und zeigt Flagge, insbesondere zeigt er, daß es gut tut nachzurechnen: nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlachter selber!

Als lesender Mensch stört mich auch das semantische Konstrukt "...bekommt zukünftig im Schnitt statt wie bisher 55 Euro jetzt 78 Euro...".
Wenn das richtig sein sollte, müßte es heißen "...bekommt zukünftig 78 statt jetzt 55 Euro...".
Oder noch deutlicher wäre es: "der 55 Euro Fallwert erhöht sich auf 78 Euro".

Aber definitiv ist die mehr als unklare Formulierung Absicht, denn keine klare Antwort gibt das, was man bisher vom Vertrag, den es wohl noch garnicht gibt, auf die Frage, ob die DMP-Pauschale und die Hausarztpauschale sich auf alle Patienten anrechnen lassen, oder nur auf die vielleicht 3% DMP-Patienmtzen und die vielleicht 12% in einem Hausarztmodell.

Außerdem betrifft es ja nur die etwa 35% AOK-Patienten, und davon auch nur die
geschätzten 20% am Hausarztvertrag teilnehmenden.

So komme ich "im Schnitt" auf keine 78 Euro, sondern im Schnitt auf allenfalls ein paar wenige Euro oder Cent.

Da ich seit 25 Jahren im Südwesten wohne und arbeite, kenne ich die Vertragspartner beider Seiten und unterstelle, daß die Formulierungsungenauigkeiten Absicht sind, daß sie verschleiern sollen und daß am Ende tatsächlich staunt über das viele Klein- und garnicht Gedruckte.

Dr.Gerhardt hat Recht, ohne Wenn und Aber!
Lohnt es das wirklich, sich mit Praxis und Patienten auf ein mögliches Glücksspiel einzulassen?
Nachlesen!

Ihr Karlheinz Bayer

P.S.: ich wüßte schon gern ob und wann der Brief gedruckt wird.

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