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Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Das deutsche Gesundheitswesen ächzt, und die Politik reagiert mit Reformversuchen. Die Erwartungen sind groß, aber stimmt die Stoßrichtung?

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Höhen- oder Sturzflug?

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Im deutschen Gesundheitswesen wird derzeit an allen Ecken und Enden gebaut. Die Digitalisierung soll mit eRezept und elektronischer Patientenakte (ePA) endlich vorankommen. Die Krankenhäuser sollen die reine DRG-Finanzierung hinter sich lassen. Die Grenzen zwischen den Sektoren sollen durchlässiger werden. Und vielfach werden Kostenbremsen installiert, damit die Finanzierung auch künftig noch funktioniert.

Aktivitäten allerorten also, nur: Was halten die Gesundheitsberufe, was halten die Patientinnen und Patienten, von den Reformbemühungen? Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Janssen Open House gab es unter der griffigen Formel „Höhen- oder Sturzflug?“ ein Stimmungsbild. Es fiel durchwachsen aus. Zwar dominierte das Weder-Noch, aber eine Tendenz zum Sturzflug war erkennbar.

Viel Unzufriedenheit an der Basis

„Das Gesundheitswesen steht unter einem enormen Druck“, konstatierte Andrea Galle, Vorständin der Krankenkasse BKK VBU. Das sei auch allen klar, aber es passiere zu wenig: „Wir sind gut in der Problemanalyse, aber weniger gut darin, in die Umsetzung zu kommen.“ Was die konkreten Probleme sind, da musste Dr. Marlene Heckl von der Psychiatrie an der LMU München nicht lange überlegen: Das große Thema sei der vor allem durch den demographischen Wandel verursachte, wachsende Versorgungsbedarf bei gleichzeitig immer drängenderem Personalmangel. Das führe zu Frust sowohl auf Seiten der Gesundheitsberufe als auch auf Seiten der Patientinnen und Patienten.

Dirk Rohde, Polizist, geheilter Krebspatient und als Blogger unter dem Namen „Don“ als Onkolotse unterwegs, kann das bestätigen. Das deutsche Gesundheitswesen sei medizinisch gut aufgestellt. Aber es gebe patientenseitig viel „organisatorischen“ Missmut im Hinblick auf Terminvergaben und Pflegenotstand, und auch im Hinblick auf durch fehlende Digitalisierung akzentuierten Mangel an sektorenübergreifender Kooperation.

Tun die medizinischen Einrichtungen genug, damit die Situation besser wird? Eher nein, sagte Dr. Moritz Völker vom Zentrum für Notfallmedizin am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke: „Die Versorger sind in einer abwartenden Haltung. Sie beschäftigen sich vor allem mit finanziellen Fragen. Dabei müssten sie deutlich besser werden, Patienten zu steuern und ihr Geld und ihr Personal effizienter einsetzen.“ Eine weitere Ärztin, Dr. Christine Reif-Leonard, leitende Oberärztin in der Psychiatrie am Universitätsklinikum Frankfurt, kritisierte vor allem die grassierende Überbürokratisierung: „Ich erlebe hoch motivierte Kollegen, die durch die vermehrte Dokumentation gelähmt werden und ihrem Wunsch, Patienten zu versorgen, nicht nachkommen können.“

Tut die Politik genug, und tut sie das Richtige?

Phlegma in den Einrichtungen ist das eine, ineffiziente Gesundheitspolitik das andere. Dr. Alexandra Widmer, Oberärztin Neurologie in der AMEOS-Gruppe, stört sich nicht zuletzt an der stockenden Digitalisierung: „Wenn ich mir ansehe, was es an digitalen Lösungen gibt, dann sind wir ganz klar auf einem Höhenflug. Wenn ich mir anschaue, was davon bisher in der Praxis ankommt, dann sehe ich eher einen Sturzflug.“

Eher in der Sturzflug-Fraktion verortete sich auch Denis Nößler, Chefredakteur der Ärzte Zeitung: „Die derzeitige Gesundheitspolitik geht in die völlig falsche Richtung. Wir diskutieren über Strukturen und Leistungsangebote, aber nicht über die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten. Mit Value-Based-Healthcare hat das alles jedenfalls nichts zu tun.“

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