Mal makaber, mal zärtliche Umarmung - der Tanz mit dem Tod

Von Klaus Brath Veröffentlicht:

Eine alte Kinderfrau ist während ihres Dienstes in der Wochenstube eingeschlafen. Unterdessen wird der ihr anvertraute kleine Säugling von einem geflügelten Skelett davongetragen. Während der personifizierte Tod sanft zur offenen Tür schwebt, küßt er den Säugling zärtlich auf den Mund. - Die eigentümliche Szene ist das Motiv einer Radierung von Daniel Chodowiecki.

Es ist Teil der graphischen Sammlung "Mensch und Tod" der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die im dortigen Institut für Geschichte der Medizin beheimatet ist. Sie gilt als größte und bedeutendste Sammlung ihrer Art weltweit.

Die Entstehungsgeschichte der Sammlung erklärt sich aus dem besonderen Interesse der Ärzte und der Medizinhistoriker an der Todesproblematik. Sie wurde 1976 durch den Erwerb der etwa 900 Graphikwerke umfassenden "Totentanz"-Kollektion des Berliner Chirurgen Professor Werner Block gegründet.

Nach dessen Tod gelang es dem langjährigen Leiter des Düsseldorfer Instituts für Geschichte der Medizin, Professor Hans Schadewaldt, die Sammlung als Ganzes für die Düsseldorfer Universität zu retten. Durch Neuerwerbungen und Schenkungen erheblich angewachsen, sind inzwischen laut Eva Schuster, der Kustodin der Sammlung, "über 5000 Darstellungen von etwa 400 Künstlern vertreten, vom Ende des 15. Jahrhunderts bis in unsere Zeit".

Außer weniger bekannten Künstlern vereinigt die Kollektion auch viele ganz große Namen der Kunstgeschichte: Ob Dürer oder Dali, ob Holbein oder Hrdlicka - offenbar ist das Phänomen des Todes auch in der Bildenden Kunst fast unerschöpflich. Besonders seit dem Spätmittelalter, in dem die Pest - als Geißel Gottes verstanden -, Europa heimsuchte, waren sie vom Thema des Sterbens und der Vergänglichkeit fasziniert.

Mal spielt der Tod makaber zum Tanz auf wie in vielen mittelalterlichen aber auch zeitgenössischen Darstellungen, mal umarmt er eine junge Frau, oder er widmet sich bestimmten Gruppierungen wie in Albrecht Dürers Holzschnitt "Der Tod und der Landsknecht."

Von besonderem Reiz sind Darstellungen des Todes zusammen mit seinem größten Widersacher, dem Arzt. So schuf etwa Hans Holbein der Jüngere die oft nachgeahmte Szene, in der der als Gerippe personifizierte Tod einen Patienten in das Studierzimmer des Arztes führt.

"Leider verfügen wir an der Universität Düsseldorf über keine Räumlichkeiten und keinen Etat für eine Dauerpräsentation", bedauert Eva Schuster und verweist auf die über 60 Ausstellungen im In- und Ausland, in denen Teile der Sammlung bislang präsentiert wurden.

Um sie einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen, soll nun aus der Not eine Tugend gemacht werden: Derzeit arbeitet die Kustodin mit ihren Mitarbeitern - außer an Erforschung und Katalogisierung des Bestandes - an der Erstellung einer Datenbank für eine selektive Präsentation der Sammlung im Internet.

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