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Arzneimittel-Kompass 2022

Arzneimittelausgaben: WIdO sieht Einsparpotenzial

Sowohl bei der Qualität der Arzneimittelversorgung als auch der Wirtschaftlichkeit sieht das Wissenschaftliche Institut der AOK noch Luft nach oben.

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Medikamentenpackungen liegen auf einem Tisch in einer Apotheke. Laut Arzneimittel-Kompass des WIdO entfiel 2021 mehr als jeder zweite Euro der Arzneimittelkosten in der GKV auf patentgeschützte Arzneimittel.

Medikamentenpackungen liegen auf einem Tisch in einer Apotheke. Laut Arzneimittel-Kompass des WIdO entfiel 2021 mehr als jeder zweite Euro der Arzneimittelkosten in der GKV auf patentgeschützte Arzneimittel.

© Monika Skolimowska / dpa / picturealliance

Der Arzneimittel-Kompass 2022 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)“ mit dem Schwerpunkt „Qualität der Arzneimittelversorgung“ zeigt nach Worten von Mitherausgeber Helmut Schröder Optimierungspotenzial hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung auf.

Die Nettokosten der gesetzlichen Krankenkassen für die Arzneimittelversorgung sind 2021 laut Bericht gegenüber dem Vorjahr um 8,8 Prozent auf einen neuen Höchststand von 50,2 Milliarden Euro gestiegen. Überdurchschnittliche Zunahmen im Vergleich zum Vorjahr gab es demnach 2021 bei den Umsätzen für neue Patentarzneimittel (+14,4 Prozent), für Orphan Drugs (+24,7 Prozent) und für biologische Arzneimittel (+12, Prozent).

„Diese drei Marktsegmente zeichnen sich dadurch aus, dass bei diesen Arzneimitteln sehr viel Geld für eine vergleichsweise geringe Versorgungsreichweite ausgegeben wird“, erläutert Schröder, der stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) ist.

Patentarzneien hoch im Kurs

Im vergangenen Jahr wurde für die Therapie von GKV-Versicherten mit patentgeschützten Arzneimitteln ein Umsatz in diesem Segment von 27,5 Milliarden Euro verzeichnet. Damit entfiel auch 2021 erneut mehr als jeder zweite Euro der Arzneimittelkosten auf patentgeschützte Arzneimittel (52,5 Prozent). Gemessen in verordneten Tagesdosen decken diese jedoch nur 6,5 Prozent der Versorgung ab. Schröder: „Das Umsatzwachstum ist trotz der Maßnahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) ungebrochen. “

Bei 61,5 Prozent der betroffenen Patientengruppen konnte im AMNOG-Bewertungsverfahren laut Schröder kein Zusatznutzen gegenüber der existierenden Vergleichstherapie ermittelt werden. „Dabei geben wir auch relativ viel für diese neuen Arzneimittel aus, die keinerlei Zusatznutzen gegenüber den bereits im Markt befindlichen Mitteln zeigen konnten. “

Ein noch größeres Kostenwachstum entstand mit einem Plus von 24,7 Prozent nach Schröders Angaben bei Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen, Orphan Drugs.

13,5 Prozent aller Ausgaben entfallen auf diese Arzneimittel mit einem Verordnungsanteil nach Tagesdosen von 0,07 Prozent. So kostet eine tägliche Behandlung mit einem Orphan Drug durchschnittlich 213,53 Euro, die mit einem anderen Medikament hingegen nur 94 Cent. „Gleichzeitig konnte bei über zwei Drittel (70 Prozent) der Patientengruppen bisher kein oder nur ein nicht-quantifizierbarer Zusatznutzen nachgewiesen werden“, meint Schröder.

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Einsparpotenzial von 1,4 Milliarden?

Auch bei den biologischen Arzneimitteln seien die Nettokosten 2021 mit zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr überdurchschnittlich gestiegen. Ein Drittel aller Kosten entfalle inzwischen auf diese Arzneimittel (32,7 Prozent) – bei einem Versorgungsanteil von nur drei Prozent nach Tagesdosen. Schröder: „Im biosimilarfähigen Markt 2021 können geschätzt Einsparungen von 286 Millionen Euro erreicht werden.“

„Wenn die geringeren Entwicklungskosten der Biosimilars, den aus anderen Ländern bekannten Preisabschlägen und den Erfahrungen mit im generischen Marktsegment realisierten Umstellungsquoten zu Rate gezogen werden, kann im biosimilarfähigen Marktsegment durch Rabattverträge ein 70-prozentiger Preisabschlag und eine 80-prozentige Umstellung auf den Vertragspartner angenommen werden. Damit würde gegenüber dem aktuellen Status quo ein weiteres Einsparpotenzial von etwa 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.“

Mit Blick auf die Versorgung älterer Menschen hob Schröder hervor, dass diese oft nicht in klinische Studien eingeschlossen sind, obwohl sie am häufigsten Arzneimittel einnehmen.

„Die von mir beschriebenen Markttrends wie auch die Betroffenheit von Multimorbidität und Polymedikation bei älteren Menschen zeigen die Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. So sollten sich alle Beteiligten gemeinsam auf den Weg machen, um zukünftig eine wirtschaftlichere und qualitativ hochwertigere Arzneimittelversorgung zu erreichen.“(Ebert-Rall)

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