Früherkennung
Brustkrebs: Mit KI die Sicherheit der Diagnosen erhöhen
Bereits seit 2020 ist der gesamte Prozess der Qualitätsgesicherten Mamma-Diagnostik in Schleswig-Holstein – kurz QuaMaDi – digitalisiert. Nun soll KI für noch mehr Sicherheit sorgen.
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Das bundesweit einmalige Programm zur Brustkrebs-Früherkennung für Frauen mit erhöhtem Risiko in Schleswig-Holstein geht neue Wege: Seit dem 1. Juli wird QuaMaDi durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz weiter verbessert.
© Colourbox/AOK/hfr
Das Brustkrebs-Früherkennungsprogramm Qualitätsgesicherte Mamma-Diagnostik (QuaMaDi) war bislang schon bundesweit einzigartig. Der Ansatz in Schleswig-Holstein sieht nämlich seit Langem vor, dass jede Mammographie-Aufnahme von Frauen mit erhöhtem Risiko oder einem Verdacht auf Brustkrebs nicht nur von einem, sondern zusätzlich durch einen zweiten, unabhängigen Radiologen beurteilt wird.
Sollte dann das Ergebnis verdächtig oder nicht eindeutig sein, kann zusätzlich ein dritter Arzt, eine dritte Ärztin in einem Brustzentrum die Befunde und Bilder begutachten. Künftig soll die Diagnosesicherheit für die teilnehmenden Frauen nochmals erhöht werden – und zwar mithilfe von Künstlicher Intelligenz.
Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) und die beteiligten gesetzlichen Krankenkassen des Landes haben vereinbart, das durch die moderne Technik ergänzte Programm um weitere fünf Jahre fortzusetzen.
Stellvertretend für die beteiligten gesetzlichen Krankenkassen betont Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest: „Mit dem künftigen Einsatz von Künstlicher Intelligenz erwarten wir für unsere Versicherten eine schnelle Verfügbarkeit von Diagnosen in einem besonders frühen Stadium. Denn je früher Brustkrebs entdeckt wird, bedeutet das für die Behandlung der betroffenen Frauen oft eine schonendere Therapie und eine bessere Prognose.“
Knapp 460 Ärztinnen und Ärzte nehmen teil
Jedes Jahr werden in Schleswig-Holstein zwischen 65.000 und 70.000 Frauen mit erhöhtem Risiko oder einem Verdacht auf Brustkrebs im Rahmen von QuaMaDi untersucht. 2022 wurden dabei rund 1.100 Mammakarzinome entdeckt. Der überwiegende Anteil der Brustkrebs-Fälle wird in einem frühen Stadium erkannt.
An dem Programm nehmen aktuell knapp 460 Ärztinnen und Ärzte teil, davon 357 Gynäkologen, 73 Radiologen, 17 Pathologen und neun Ärzte in Brustzentren. Hochrisiko-Patientinnen sollen künftig durch einen Fragebogen in den gynäkologischen Praxen identifiziert und zur Versorgung an spezialisierte Brustkrebszentren verwiesen werden. Patientinnen mit mittlerem Brustkrebs-Risiko können in QuaMaDi eingeschrieben werden und Patientinnen mit niedrigem Risiko am Mammographie-Screening teilnehmen.
Der Zweitbefunder kann sich dann auf die komplexen und dringlichen Fälle konzentrieren, vorhandene medizinische Kapazitäten werden effizient genutzt und Wartezeiten für Patientinnen verkürzt. QuaMaDi habe sich, so AOK-Vorstand Ackermann, seit der landesweiten Einführung im Jahr 2005 „als wertvolles Element“ in der Brustkrebsfrüherkennung in Schleswig-Holstein bewährt. Das Programm war zuvor schon vier Jahre lang in einzelnen Regionen getestet worden. Der Wert der Früherkennung von Brustkrebs mit QuaMaDi liege darin, dass die meisten der dabei entdeckten Mammakarzinome so klein sind, dass sie noch nicht tastbar sind.
Auch das Land unterstützt die Implementierung von QuaMaDi mit Fördermitteln. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Prof. Kerstin von der Decken erwartet, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz „die Früherkennung von Brustkrebs präziser und effizienter“ gestaltet.
Alle Bilder und Befunde werden auf einer Plattform gebündelt
Der gesamte QuaMaDi-Prozess ist seit dem Jahr 2020 digitalisiert. Alle Bilder und Befunde werden auf einer telematischen Plattform gebündelt, zu der die behandelnden Ärztinnen und Ärzte einen sofortigen Zugriff haben. Geplant ist nun, nach einer Erprobungsphase unter wissenschaftlicher Begleitung spezielle KI-Programme einzusetzen, mit denen die Radiologen bei der Befundung der Mammographie-Aufnahmen unterstützt werden.
Die Implementierung der zertifizierten KI-Software erfolgt in radiologischen QuaMaDi-Praxen in Schleswig-Holstein, die sich freiwillig an dem Projekt beteiligen. Die Praxen können die für sie passende Softwarelösung selbst auswählen. Unterstützt werden sie dabei von der KVSH. Begleitet wird das Projekt durch das Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität zu Lübeck, das die wissenschaftliche Evaluation übernimmt. (wer)