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Im Fokus

Der Arbeitsalltag von Ärzten

Neben den großen Kongressen der Fachgesellschaften haben kleinere regionale Fortbildungsformate eine hohe Bedeutung. Sie sind oft pluralistisch organisiert, beziehen KVen und Krankenkassen ein und sind am Arbeitsalltag der Ärzte orientiert.

Von Helmut Laschet Veröffentlicht:
Fortbildungsoptionen in großer Auswahl: Besucher des jüngsten Internistenkongresses orientieren sich über die neuesten Themen aus der Forschung für ihre Praxis. Sven Bratulic

Fortbildungsoptionen in großer Auswahl: Besucher des jüngsten Internistenkongresses orientieren sich über die neuesten Themen aus der Forschung für ihre Praxis. Sven Bratulic

© Sven Bratulic

Zeit ist für Ärzte ein besonders knappes Gut. Auf über 51 Wochenstunden Arbeit kommt ein niedergelassener Arzt im Durchschnitt laut Ärztemonitor von KBV und NAV Virchowbund, ein Drittel arbeitet teils deutlich mehr als 55 Wochenstunden.

Vor diesem Hintergrund muss auch ärztliche Fortbildung rationell organisiert sein. Längst nicht alle Ärzte sehen für sich die Möglichkeit, drei oder mehr Tage an einem Stück aufzubringen, um an einem der bundesweiten Kongresse ihrer Fachgesellschaft teilzunehmen, meist an einem zentralen Ort, aber für viele Teilnehmer doch mit einem weiten Anreiseweg und beträchtlichen Reisekosten verbunden.

Aus diesem Grund haben regionale Fortbildungsformate einen besonders hohen Stellenwert. Längst hat darauf auch die Industrie reagiert und organisiert in räumlicher Nähe der Praxen hochkarätige Fortbildung, die zeitlich – meist am Mittwochnachmittag – gut in den Praxisalltag integrierbar sind.

Fortbildung vor der Haustür – was zählt?

  • Knappe Zeit: Kleinere regionale Fortbildungsformate haben einen hohen Stellenwert und werden oft am Mittwochnachmittag genutzt.
  • Renommierte Referenten: Sie müssen gewährleisten, den aktuellen Stand der Wissenschaft zu vermitteln.
  • Kammerzertifizierung: Nur dann ist gewährleistet, dass die Teilnahme an einer Veranstaltung auch als Erfüllung von Fortbildungspflichten anerkannt wird.
  • Praxisnähe: Der Arbeitsalltag von Ärzten ist zum großen Teil von älteren, multimorbiden Patienten geprägt – Fortbildung sollte daher auch interdisziplinär sein.
  • Wirtschaftlichkeit: Fortbildung muss auch Inhalte vermitteln, die es Ärzten erleichtert, das Wirtschaftlichkeitsgebot zu erfüllen.

Versorgungsproblem im Fokus

Diese Veranstaltungen, meist in Seminarform, weisen einige Charakteristika auf, die inzwischen fast unverzichtbar geworden sind, damit Ärzte ihre Teilnahme als erfolgversprechend beurteilen:

  • Auch die von der Industrie organisierte Fortbildung muss von der Ärztekammer zertifiziert sein, damit Ärzte ihre Teilnahme zur Erfüllung ihrer Fortbildungspflichten anerkannt bekommen. Das gelingt nur bei einem wissenschaftlich hohen Niveau.
  • Die Referenten müssen Gewähr dafür bieten, auf ihrem Gebiet den neuesten Stand der Erkenntnisse zu beherrschen. Die Leistung der Industrie ist, solche Wissenschaftler zu den Ärzten zu bringen – und nicht umgekehrt.
  • Im Vordergrund solcher Symposien stehen fachgebietsbezogene Versorgungsprobleme der Patienten, nicht jedoch ein Produktbezug. Maßstab ist der Versorgungsalltag mit teils komplexen Randbedingungen: alte Patienten mit Complianceproblemen, Multimorbidität, Berücksichtigung der sozialen und familiären Strukturen, Heimversorgung.
  • Aus diesem Grund sind solche Seminare auch oft interdisziplinär angelegt: Das heißt, Kardiologen treffen auf Diabetologen, diese wiederum auf Neurologen, wenn es um Diabetiker mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz geht. Gerade für Hausärzte ist es immer wieder eine hohe Kunst, aus dem partiellen Optimum einer Spezialdisziplin eine alltagstaugliche Therapie für multimorbide Patienten maßzuschneidern – von daher ist es von besonderer Bedeutung, wenn Ärzte verschiedener Fachgebiete gemeinsam um die bestmögliche alltagstaugliche Therapie ringen.
  • Aber längst bleiben Ärzte und Wissenschaftler nicht mehr unter sich: Regelhaft werden inzwischen auch Vertreter von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen in den Diskurs einbezogen. Dies geschieht aus zwei Gründen: Solche Therapien müssen zielgerichtet und nutzenstiftend für Patienten eingesetzt werden.
  • Das allerdings wird aufgrund immer differenzierter werdender Krankheitsbilder zunehmend schwierig und setzt einen hohen Wissensstand der verordnenden Ärzte, aber auch der gemeinsamen Selbstverwaltung, insbesondere der aus Kassen und KVen gebildeten Prüfgremien voraus.
  • Differenziertere Krankheitsbilder

Ein Beispiel: Erst seit kurzer Zeit weiß man, dass Diabetes mellitus Typ 2 keine einheitliche Krankheit ist, sondern in verschiedene Subtypen differenziert werden muss. Sie erfordern unterschiedliche Therapieregime und sind unterschiedlich schwierig zu beherrschen.

Derartige Erkenntnisse in die Fläche zu bringen, ist eine wichtige Aufgabe solcher Symposien. Und genauso wichtig ist es, Kostenträger und KVen dafür zu sensibilisieren, in welchen Konstellationen Innovationen nutzenstiftend und damit auch gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar sind.

Im Hinterkopf vieler Ärzte schwebt immer noch das Damoklesschwert der Wirtschaftlichkeitsprüfung und des Regresses – trotz einer Nutzenbewertung, die eigentlich zum Ziel hatte, die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit von Innovationen auf Hersteller und Krankenkassen zu verlagern, indem diese einen fairen und wirtschaftlichen Erstattungsbetrag aushandeln.

Zwar hat die Zahl der Regresse und Wirtschaftlichkeitsprüfungen in den vergangenen Jahren abgenommen, nicht aber unbedingt die Sorge von Ärzten, in ein Regressrisiko – und sei es auch nur in Rechtfertigungsdruck mit hohem bürokratischen Aufwand – zu geraten.

Unter diesem Gesichtspunkt haben derartige Fortbildungsveranstaltungen mit Seminarcharakter einen hohen Stellenwert: Sie machen Ärzte trittsicher beim Einsatz von Arzneimittel-Innovationen und sie liefern diagnostische Werkzeuge für eine gezielte Indikationsstellung.

Transparenzkodex

  • Der Kodex startete 2016 unter dem Dach der freiwilligen Selbstkontrolle Arzneimittel in Deutschland (FSA). Seitdem wurde jedes Jahr veröffentlicht. Zuletzt im Juli 2019.
  • Bindend ist der Kodex für 56 Pharma-Unternehmen, darunter alle forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland.
  • Veröffentlicht werden Leistungen der Industrie an Ärztinnen und Ärzte und zwar auf den Websites der Unternehmen. Individualisiert wird nur mit Zustimmung der Mediziner veröffentlicht.
  • Eine Übersicht über die Website-Veröffentlichungen der Unternehmen
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