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Fortbildung

Die Qualität bestimmt

Wie kaum ein anderer Beruf investieren Ärzte in ihre Fortbildung, um Anschluss an den aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten.

Von Helmut Laschet Veröffentlicht:
Genforschung für neue therapeutische Ansätze: Ein Topthema für die Fortbildung. Science Photo Library / imago

Genforschung für neue therapeutische Ansätze: Ein Topthema für die Fortbildung. Science Photo Library / imago

© Science Photo Library / imago

Beachtlich ist, was Ärzte für Fortbildung aufwenden: im Durchschnitt 2,4 Stunden pro Woche, das sind aufs Jahr hochgerechnet rund 120 Stunden. Bewertet man die Arztstunde vorsichtig mit 150 Euro (das ist der Honorarumsatz je Stunde), so wendet jeder Arzt im Schnitt pro Jahr rund 18 000 Euro für seine Fortbildung auf. Bezogen auf die 175 000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten entspricht das einem Wert der eingesetzten Zeit von knapp 3,2 Milliarden Euro.

Warum machen sie das? Zunächst einmal wird man bei den meisten Ärzten eine innere Motivation feststellen: die Freude am Beruf, die bei Ärzten laut Umfragen sehr ausgeprägt ist, und der Wille und die Fähigkeit, kranken Menschen professionell zu helfen und schon deshalb Anschluss an die wissenschaftliche Entwicklung zu halten. Darüber hinaus verpflichten Gesetz, Berufsrecht und Rechtsprechung Ärzte zur permanenten Fortbildung.

Breitere Forschungsbasis

Hinzu kommt, dass aufgrund der wachsenden Möglichkeiten der ambulanten Medizin auch niedergelassene Ärzte eine Chance haben, Anschluss an die klinische Forschung zu halten. Ein Beispiel dafür ist die Onkologie: Ein erheblicher Teil der leistungsstarken Praxen ist an klinischen Studien beteiligt; sie haben einen wesentlichen Anteil daran, dass für diesen forschungsintensiven Bereich der Medizin Patienten gewonnen und in Studien eingeschlossen werden, wie der Kölner Onkologe und Hämatologe Professor Stephan Schmitz berichtet.

Die Teilnahme an solchen Studien setzt eine enge Vernetzung mit den onkologischen Zentren an den Universitätskliniken voraus. Und aus diesen Kooperationen von ambulanten und stationären Strukturen werden Erkenntnisse gewonnen, die für die Praxis relevante Fortbildungsinhalte darstellen.

Starker Anwendungsbezug

Naturgemäß sind Ärzte, die als Forscher in Studien oder Registern an der Gewinnung und Auswertung neuer Erkenntnisse in der Praxis mitwirken, auch die idealen und notwendigen Kommunikatoren, um die Wissensbasis ihrer Kollegen auf Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen zu verbreitern.

Angesichts der pharmakologischen Innovationen ist es sinnvoll und notwendig, dass Ärzte und pharmazeutische Unternehmen den Austausch pflegen.

Professor Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie

Für Han Steutel, den Präsidenten des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen (vfa) ist denn auch die Qualität der entscheidende Maßstab zur Beurteilung von Fortbildungen: „Nur wenn forschende Pharma-Unternehmen die bestmöglichen Informationen rund um Arzneimittel bereitstellen, finden sie Akzeptanz bei Ärztinnen und Ärzten. Wer mit seinen Angeboten nicht auf der Höhe der Zeit ist, verliert sehr schnell das Ohr seiner Zuhörer. Daran hat kein forschendes Pharma-Unternehmen ein Interesse!“

Auch Professor Dirk Müller-Wieland von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sieht wichtige Gründe für einen intensiven Informationsaustausch zwischen Industrie, Wissenschaftlern und Ärzten aus der Praxis: Die Entwicklung neuer Arzneimittel und insbesondere die Durchführung klinischer Studien für neue Therapien würden ausnahmslos von der forschenden Industrie finanziert. Bereits eine einzige große klinische Studie, zum Beispiel eine kardiovaskuläre Endpunktstudie, erfordere einen dreistelligen Millionenbetrag. Daher sei es aus Sicht der DDG nicht nur wünschenswert, sondern letztlich auch für Patienten wichtig, dass ihre Ärzte sich als Experten in diesen Prozess kritisch und konstruktiv einbringen. Als Fachgesellschaft wolle man Verantwortung übernehmen und neue Behandlungsoptionen mitgestalten – notfalls auch als Korrektiv. Daher sei es unverzichtbar, dass sich Diabetologen als medizinische Experten und Forscher aus der Industrie über wichtige medizinische Entwicklungen austauschen.

Transparentes Sponsoring

Seit einigen Jahren wandelt sich auch der Charakter vieler Fortbildungsveranstaltungen, insbesondere auf den großen Kongressen der Fachgesellschaften. Die Ärzte sind nicht mehr nur unter sich, die Kongressthemen sind interdisziplinärer geworden und beziehen versorgungspolitische, ökonomische sowie rechtliche und ethische Aspekte ein.

Für alle Beteiligten muss transparent sein, wer in welcher Form Anbieter einer Veranstaltung ist. Referenten müssen Interessenkonflikte offenlegen.

Maximilian Broglie, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

Kongresse, bei denen sich tausende Experten treffen, seien daher „ideale Plattformen“, um den Austausch zu pflegen, so Müller-Wieland von der DDG. Voraussetzung dafür sei, dass Veranstaltungen, die durch Dritte gefördert werden, zum Beispiel Industriesymposien, transparent und ohne inhaltliche Einflussnahme auf das Programm stattfinden. Aus dem Grund fordere die DDG für ein und dieselbe Veranstaltung grundsätzlich mehrere Sponsoren. Derartige Veranstaltungen hätten jedoch nur einen kleinen Anteil am gesamten Kongressgeschehen. Das Kongressprogramm selbst werde ausschließlich und ohne jegliche Beteiligung der Industrie von einem wissenschaftlichen Komitee festgelegt.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hält die Zusammenarbeit mit forschenden Pharma-Unternehmen im Interesse des medizinischen Fortschritts für unverzichtbar, so DGIM-Geschäftsführer Maximilian Broglie. Vor allem im engen Austausch zwischen Ärzten und Wissenschaftlern aus der Industrie entstünden Innovationen für eine bessere Versorgung der Patienten. Dieser Austausch finde auch im Rahmen von Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen statt, die dafür wegen der Anwesenheit sämtlicher Akteure eine ideale Plattform böten, auch in Form von Industrie-Symposien. Dabei müsse für alle Beteiligten transparent sein, wer in welcher Form und in welchem Umfang Anbieter einer Veranstaltung ist. Außerdem müssten auch Referenten bei Industrie-Symposien ihre Interessenkonflikte vor Vortragsbeginn offenlegen.

Sinnvoll und notwendig sei es angesichts pharmakologischer Innovationen, dass Ärzte und pharmazeutische Unternehmen einen unmittelbaren Austausch pflegen, so der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Professor Peter Berlit. Vor allem bei größeren Kongressen mit mehr als 1000 Teilnehmern werde aufgrund des erheblichen Aufwandes auch ein finanzieller Beitrag der Industrie benötigt.

Die Fachgesellschaft der Neurologen stelle dabei die Unabhängigkeit der Fortbildungsinhalte durch mehrere Maßnahmen sicher: vollständige Offenlegung des Sponsorings, räumliche Trennung von Industrieveranstaltungen und wissenschaftlichem Programm sowie externe Kontrolle von Fortbildungsinhalten.

Mehr Selbstbewusstsein!

Für forschende Ärzte, die zugleich auch Multiplikatoren sind, ist es inzwischen gängige Praxis geworden, transparent zu machen, an welchen Forschungsprojekten sie mit welchen Firmen gearbeitet haben. Das dient einerseits der Transparenz über mögliche Interessenkonflikte, kann aber auch als Ausweis einer besonderen Leistungsfähigkeit in der Wissenschaft gelten.

Ärzte, die Fortbildungsveranstaltungen wahrnehmen und deren Teilnahme – etwa durch Übernahme von Kongressgebühren oder Reisekosten – von der Industrie mitfinanziert wird, brauchen sich nicht zu verstecken. Hier scheint noch ein Bewusstseinswandel notwendig zu sein: zu einem wohlbegründeten Selbstbewusstsein, durch Teilnahme an pluralistisch und interdisziplinär besetzten Veranstaltungen einen Beitrag für eine funktionierende innovative Versorgung zu leisten. Eine Möglichkeit für Ärzte, Selbstbewusstsein zu zeigen, ist die freiwillige Veröffentlichung im Rahmen des Transparenzkodexes der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie.

Weitere Informationen: www.fsa-pharma.de

3,2 Mrd. Euro ist die Zeit wert, die niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten für ihre Fortbildung aufwenden. Im Schnitt sind es 120 Stunden an Zeit im Jahr, die ein Arzt investiert, um Anschluss an den Stand der Wissenschaft zu halten.

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