GKV versus PKV

AOK-Graalmann denkt an "Netzgebühr" für die PKV

Ist die GKV die Telekom der Gesundheitsinfrastruktur? Ja, findet AOK-Chef Jürgen Graalmann und schlägt eine "Netzgebühr" für die privaten Versicherer vor.

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BERLIN. Vom Gesundheitsminister bis zum Chef eines Krankenkassenverbandes - alle wollen etwas von der privaten Krankenversicherung.

Mit Blick auf den Ärztemangel in ländlichen Gebieten und sozialen Brennpunkten in Städten hat der Vorstandsvorsitzende des AOK-Spitzenverbandes eine Art "Netzgebühr" für die Private Krankenversicherung vorgeschlagen.

Wörtlich sagte Jürgen Graalmann im Interview mit der Passauer Neuen Presse: "Die Privaten Kassen unterstützen unser Gesundheitssystem nicht, sie blockieren derzeit eher eine sinnvolle regionale Verteilung der Ärzte."

Jürgen Graalmann ist Chef des AOK-Budnesverbandes.

Jürgen Graalmann ist Chef des AOK-Budnesverbandes.

© Stephanie Pilick

Fachärzte siedelten sich überdurchschnittlich häufig dort an, wo es besonders viele Privatversicherte leben, sagte Graalmann. Die Versicherungsunternehmen böten ihre Policen aber auch in ländlich strukturierten Gebieten an, wo sie nur wenige Kunden hätten und es nur wenige Fachärzte gebe.

Dort stelle die gesetzliche Krankenversicherung die Versorgung sicher. Deshalb könne man über eine Netzgebühr nachdenken.

Graalmann habe nur seine Meinung als Chef des AOK-Bundesverbandes wiedergegeben, stellte eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes gegenüber der "Ärzte Zeitung" klar. Im Verband werde eine Versorgungsabgabe nicht diskutiert.

Rundweg abgelehnt wird Graalmanns Vorstoß in Kassenkreisen damit nicht. Im status quo, in dem die privaten Versicherer lediglich zehn Prozent der Bevölkerung verträten, sei die PKV nicht in der Lage, eine medizinische Infrastruktur bundesweit zu finanzieren, hieß es am Montag in Berlin.

Bahr fordert Wechselfreiheit

Eine durchlässige PKV-Welt wünscht sich Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Bei mehreren Gelegenheiten in der jüngeren Vergangenheit nahm er die weitgehend fehlende Mitnahmemöglichkeit der Alterungsrückstellungen von einer zur anderen Gesellschaft in den Blick.

Bislang funktioniere die private Krankenversicherung eher nach dem Motto "Einmal mitgegangen, für immer eingefangen", sagte er dem "Focus". Für die Zeit nach den Wahlen plane Bahr völlige Wechselfreiheit.

Privatpatienten sollten die zur Beitragsdämpfung im Alter angesparten Beträge zu 100 Prozent von einem Unternehmen zum anderen mitnehmen können, lautet die Forderung. Bislang verlieren Versicherte, die zu einem anderen Versicherer oder zur gesetzlichen Krankenkasse wechseln, einen Großteil oder sogar alles.

Die Unternehmen der privaten Assekuranz pochen dagegen auf die Vertragsfreiheit und die Sicherheit ihrer Rechengrundlagen. "Für alle rund 900.000 neu geschlossenen Verträge nach der Gesetzesänderung ab 2009 ist einkalkuliert, dass beim Wechsel ein Übertragungswert in Höhe des Basistarifs mitgenommen werden kann", sagte Stefan Reker, der Sprecher des Verbandes der Privaten Krankenversicherung.

Für den Versichertenbestand gelte: Vertrag ist Vertrag. Man könne nicht rückwirkend in die Kalkulationsgrundlagen bestehender Tarife eingreifen.

"Es gibt bis heute kein praktikables Konzept für eine Portabilität von Alterungsrückstellungen in der PKV, sondern allenfalls akademische Modelltheorien", sagte Reker der "Ärzte Zeitung". (af)

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