Breites Echo auf neuen Hausärzte-Vertrag

BERLIN (HL). Als "Revolution", "Umbruch" oder "historische Wende" bewerten wichtige Publikumsmedien den am vergangenen Donnerstag unterzeichneten Hausärzte-Vertrag für AOK-Versicherte in Baden-Württemberg. Eher strukturkonservative Organisationen der Ärzte urteilen hingegen zurückhaltend bis skeptisch.

Veröffentlicht:

"Die Hausärzte in Baden-Württemberg haben erstmals das Monopol der Kassenärztlichen Vereinigung gebrochen", schreibt die "Financial Times Deutschland". Macht das Beispiel Baden-Württemberg Schule, könnte die ambulante Versorgung in Deutschland revolutioniert werden, so die "Wirtschaftszeitung". "Ein neues Zeitalter im Gesundheitswesen" sieht die "Süddeutsche Zeitung". Der Vertragsabschluss wird als historischer Schritt bewertet, Wettbewerb bringe frischen Wind ins System. Andere Kassen in anderen Bundesländern würden ermuntert, ähnlich zu handeln.

Hartmannbund sieht hohe Erwartungen.

Ob mit dem Vertrag der beiden freien Ärzteverbände mit der AOK wirklich Geschichte zum Wohl der Ärzte geschrieben worden ist, beurteilt der Hartmannbund derzeit sehr vorsichtig. Pikant daran ist, dass der Hartmannbund in den ersten 30 Jahren des vergangenen Jahrhunderts der wichtigste ärztliche Vertragspartner der Krankenkassen war, bevor die Kassenärztlichen Vereinigungen per Notverordnung das Verhandlungsmonopol bekamen.

Eine nüchterne Bewertung des baden-württembergischen Vertrages werde erst dann möglich sein, wenn die gelebte Wirklichkeit dem "enormen emotionalen Erwartungsdruck" standhalten könne, so der Hartmannbund-Vorsitzende Dr. Kuno Winn. Seine Befürchtung: "Vieles, was sich in diesem Vertrag wiederfindet, ist in der Vergangenheit stets gemeinsam als Alarmsignal für den Versuch von Politik und Kassen bewertet worden, in die Therapiehoheit des Arztes einzugreifen." Als Indiz dafür führt Winn die IT-Anbindung der Praxen an die AOK an. Dies wird jedoch bestritten. Die AOK erhalte nur gesetzlich vorgeschriebene Abrechnungsdaten, war bei der Vertragspräsentation ausdrücklich betont worden.

Als "wenig beeindruckend" bewertet Nordrheins KV-Chef Dr. Leonhard Hansen den Vertrag. Das gelte für die Honorierung von bis zu 80 Euro je Fall - Werte, die Hausärzte in Nordrhein ebenfalls erreichen könnten. Dort sei ein Hausarztvertrag, den KV und AOK Rheinland/Hamburg abgeschlossen haben, längst in Kraft. 3600 Hausärzte seien daran beteiligt, 570 000 Patienten hätten sich eingeschrieben, so Hansen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie