Grüne: Aufgaben unter Ärzten, Pflegern und Co. neu verteilen
Die Grünen wollen die Gesundheitsversorgung radikal ändern. Die Bundestagsfraktion stellte einen Antrag mit dem Ziel, dass die Aufgaben zwischen den Ärzten und anderen Gesundheitsberufen neu aufgeteilt werden. Eine konkrete Forderung: Pflegekräfte sollen ein MVZ leiten dürfen.
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Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen will die Primärversorgung radikal neu zuschneiden.
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BERLIN (fst). Die grüne Bundestagsfraktion fordert die Koalition auf, den Entwurf für das Versorgungsgesetz zurückzuziehen und schlägt Eckpunkte für die Neuformulierung vor.
In dem Antrag "Wirksame Strukturreformen für eine patientenorientierte Gesundheitsversorgung" werfen die Grünen der Regierung "Reformversagen" vor: Nicht die Bedürfnisse der Patienten, sondern die "finanziellen Interessen einzelner Leistungserbringer" stünden bei dem Gesetz im Vordergrund.
Teamorientierte Zusammenarbeit soll familienfreundlichere Arbeitszeiten sorgen
Einer der Kernpunkte der Grünen ist die Aufwertung der Primärversorgung, die "in ihrer Rolle als Lotse der Versorgung gestärkt" werden solle. Diese müsse mit einer veränderten Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen einhergeben.
Durch teamorientierte Zusammenarbeit sollen auch "flexiblere, familienfreundliche Arbeitszeiten" möglich werden.
Dabei betonen die Grünen, gute Primärversorgung - das Wort "Hausarzt" wird in dem Zusammenhang nicht erwähnt - gehe "weit über die in Deutschland bislang praktizierten Hausarztmodelle hinaus".
Nötig sei dafür auch ein verändertes Honorarsystem, das die "Funktionen der Primärversorgung wie Team-, Präventions- und Steuerungsleistungen besonders berücksichtigt".
Verordnugnskompetenz für Angehörige nichtärztlicher Gesundheitsberufe
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Brisant aus Ärztesicht ist vor allem die Ankündigung, die Grünen strebten nicht nur eine Delegation ärztlicher Aufgaben, sondern eine "grundsätzliche Neuformulierung heilkundlicher Aufgaben innerhalb der ärztlichen und nichtärztlichen Gesundheitsberufe an".
Dabei denken die Grünen an Modellregionen, in denen Angehörige nichtärztlicher Gesundheitsberufe auch die Verordnungskompetenz für bestimmte Leistungen erhalten sollen.
Patientenorganisationen sollen Träger eines MVZ sein können
Auf der Antrags-Agenda stehen außerdem vernetzte Versorgungsformen, vor allem im Sinne regionaler Versorgungsverbünde. Mittel für solche neuen Versorgungsmodelle könnten aus einem "Innovationsfonds" kommen, in den GKV und PKV gleichermaßen einzahlen sollen.
Für Aufregung dürfte auch der Vorschlag sorgen, dass die Möglichkeiten zur Gründung eines MVZ stark erweitert werden sollen. Auch "Ärztenetze, Gesundheitsverbünde, Kommunen und Patientenorganisationen" sollen Träger einer solchen Einrichtung werden können.
Explizit soll die Leitung eines MVZ nicht nur Ärzten, sondern auch "Psychotherapeuten und qualifizierten Pflegekräften" erlaubt werden.
Mit wirksamen Anreizen eine Unter- und Überversorgung vermeiden
Schließlich spricht sich die Grünen-Fraktion für "wirksame Anreize" aus, um Fehl-, Unter- und Überversorgung zu vermeiden. Daher sollte die bestehende Möglichkeit beibehalten werden, Honorarzu- und -abschläge bei Unter- und Überversorgung in Regionen festzulegen. Schwarz-Gelb möchte diese seit 2007 bestehende Regelung wieder streichen.
KVen sollten dazu verpflichtet werden, in überversorgten Gebieten "regelhaft überzählige Arztsitze" aufzukaufen und stillzulegen, heißt es.