Kapitalanlage

Investoren brennen für Wasserstoff

Die Aktienkurse der Brennstoffzellen-Produzenten haben sich binnen zwölf Monaten verdreifacht. Denn die Technik gilt als bessere Alternative zu den von Akkumulatoren abhängigen Elektro-Fahrzeugen. Doch nach der jüngsten Rallye erscheinen die Papiere sehr hoch bewertet.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Das Netz der Wasserstoff-Tankstellen wächst in Deutschland. Das finden auch Analysten gut.

Das Netz der Wasserstoff-Tankstellen wächst in Deutschland. Das finden auch Analysten gut.

© Ole Spata / dpa

Neu-Isenburg. Die Kursentwicklung der Aktie des kanadischen Brennstoffzellen-Produzenten Ballard Power gleicht einer Achterbahnfahrt: Im Jahr 2000, als alternative Antriebe zu Benzin- und Dieselmotoren erstmals ins Rampenlicht gerieten, raste das auch an deutschen Börsen gehandelte Papier auf 125 Euro in die Höhe, nur um in den folgenden Jahren auf klägliche 45 Cent abzustürzen.

Inzwischen notiert die Aktie wieder bei rund zehn Euro – und hat damit allein in den vergangenen zwölf Monaten 214 Prozent gewonnen.

Brennstoffzellen können Wasserstoff in Strom umwandeln, mit dem dann Elektromotoren betrieben werden können. Die Technik gilt derzeit als potenzielle Alternative der Zukunft zu den bislang bekannten Elektroautomobilen wie den Tesla-Modellen, die Strom in Akkumulatoren speichern.

Das Problem dabei: Die Ladekapazitäten dieser Batterien und damit die Reichweite der Fahrzeuge ist auf wenige hundert Kilometer begrenzt. Das genügt zwar, um vom Wohnsitz zur Arbeit und zurückzugelangen.

Bei Fahrten über größere Distanzen müssen jedoch lange Pausen eingeplant werden, um den Akkumulator wieder aufzuladen. Zudem belastet die Herstellung der Batterien die Umwelt.

Reichweite mit Wasserstoff höher

Bei Wasserstoff hingegen gibt es kein Reichweitenproblem, weil an Tankstellen schnell nachgefüllt werden kann. „Bei Kleinwagen, mit denen nur in Städten geringe Strecken zurückgelegt werden, mag sich die Batterielösung durchsetzen“, sagt Uwe Zimmer, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Fundamental Capital in Hennef. „Bei Fahrzeugen, die für Strecken über mehr als 400 Kilometern eingesetzt werden, wird sich die Brennstoffzelle etablieren.“ Zudem entsteht bei der Verbrennung von Wasserstoff lediglich Wasser und Sauerstoff.

So wie Zimmer denken viele Investoren, seit Automobilproduzenten wie der südkoreanische Hyundai-Konzern mit dem Nexo und der japanische Hersteller Toyota mit dem Mirai begonnen haben, wasserstoffbetriebene Fahrzeuge mit Brennstoffmotoren in Serie zu produzieren.

Mehr als 200 Prozent hinzu gewonnen

Nicht nur der Aktienkurs von Ballard Power, mit einer Marktkapitalisierung von umgerechnet 2,3 Milliarden Euro der mit Abstand größte börsennotierte Brennstoffzellenproduzent, hat sich in den vergangenen zwölf Monaten verdreifacht.

Auch die Papiere der beiden US-amerikanischen Mitbewerber Fuelcell und Plug Power haben seit Februar 2019 jeweils mehr als 200 Prozent gewonnen. Das liegt vor allem daran, dass große Profianleger eingestiegen sind. Allein bei Ballard Power hat die US-Investmentgesellschaft Invesco 1,3 Millionen Aktien erworben; weitere 1,05 Millionen Aktien hat sich die Wallstreet-Bank Morgan Stanley gesichert.

Bislang sind mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Fahrzeuge vor allem auf den Straßen Japans, Südkoreas und der Vereinigten Staaten zu finden. Doch auch in Deutschland wächst die Nachfrage und das Versorgungsnetz. Inzwischen sind nach Angaben von H2 Mobility hierzulande 130 Wasserstoff-Tankstellen in Betrieb und weitere 47 im Bau.

H2 Mobility ist eine gemeinsame Gesellschaft der Wasserstoff-Produzenten Air Liquide und Linde, des Autoherstellers Daimler und der Öl- und Energieunternehmen OMV, Shell und Total, die gemeinsam den Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb als Alternative zu herkömmlichen Elektrofahrzeugen voranbringen wollen.

Technik auch in Medizin einsetzbar

Analysten sind allerdings nach dem großen Kursanstieg im vergangenen Jahr zurückhaltend bei der Beurteilung von Brennstoffzellenproduzenten. Nach einer Auswertung des US-Aktienresearchhauses Zack‘s raten aktuell nur noch 20 Prozent der Analysten zum Kauf von Werten wie Ballard Power; 60 Prozent empfehlen, die Papiere zu halten und weitere 20 Prozent sie zu verkaufen. Der wesentliche Grund dafür: Die Geschäfte wachsen bislang deutlich langsamer als die Aktienkurse.

So konnte Ballard Power im dritten Quartal vergangenen Jahres seinen Umsatz um lediglich 4,6 Prozent steigern – auf gerade einmal 27,10 Millionen Euro. Auf das Jahr hochgerechnet, wären dies 108,4 Millionen Euro – und damit gerade einmal 4,7 Prozent des Börsenwerts.

Deutlich solider bewertet sind die Aktien von Wasserstoffproduzenten. Das Papier des irischen Gas-Herstellers Linde wird zum 43-Fachen des für dieses Jahr erwarteten Gewinns gehandelt, die Aktie des französischen Mitbewerbers Air Liquide gar nur zum 25-Fachen. Christian Faitz, Analyst beim Pariser Vermögensverwalter Kepler Cheuvreux, hat beide Werte jetzt mit Kaufen eingestuft.

Nicht nur wegen des Wasserstoffs: Die von den Unternehmen produzierten technischen Gase würden in der Medizin, der Nahrungsmittelproduktion sowie in der Bau- und Kunststoffindustrie benötigt. Dies mache die Erträge weitgehend immun gegen Konjunkturschwankungen.

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