Patientenrechtegesetz steckt längst im Berufsrecht

Berufsordnungen für Heilberufe regeln nicht nur, wie sich Ärzte, Zahnärzte und Apotheker untereinander zu verhalten haben - sie dienen auch dem Patientenschutz. Deshalb sind sie alles andere als antiquiert.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Die Berufsordnung legt fest: nicht das Machbare, sondern das medizinisch Sinnvolle ist dem Patienten zu empfehlen.

Die Berufsordnung legt fest: nicht das Machbare, sondern das medizinisch Sinnvolle ist dem Patienten zu empfehlen.

© Michaela Illian

BAD HOMBURG. Sind die Berufsordnungen der Heilberufe noch zeitgemäß? Dafür spricht aus Sicht von Peter Kalb, Rechtsreferent der Bayerischen Landesärztekammer, eine Reihe sachlicher Gründe.

Die Heilberufegesetze der Länder oder das Zahnheilkundegesetz besagen ausdrücklich, dass der Arztberuf kein Gewerbe ist. Und es gilt nach wie vor, dass der Patient kein Kunde ist.

Sehr viele Akteure im Gesundheitswesen befänden sich jedoch heute im Spannungsfeld zwischen Ethos und Kommerz, stellte Kalb auf dem Gesundheitsrechtstag der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg fest.

Die Ärztekammern gehen gegen "platte" Werbung vor

Das illustrierte der Kammerjurist an Beispielen für Arztwerbung am Rande oder jenseits des heute Erlaubten, darunter eine Online-Auktion für Brustaugmentationen zum Preis von 2999 Euro statt 6500 Euro und ein Angebot für Zahnimplantate zum Festpreis von 888 Euro.

Die Gebührenordnung gelte aber auch bei medizinisch nicht indizierten Leistungen, mahnte Kalb. Gegen unsachliche, "platte" Werbung gehen die Ärztekammern weiterhin vor, so etwa gegen die Annonce eines Allgemeinarztes mit der Schlagzeile "Wann hatten Sie Ihre letzte Inspektion?".

Kein antiquitiertes Auslaufmodell

Nach Kalbs Darstellung ist das Berufsrecht durch die liberale Rechtsprechung seit der Jahrtausendwende, die die Werbemöglichkeiten der freien Berufe erheblich erweitert hat, keineswegs zum antiquierten Auslaufmodell geworden.

Welche Werbemethoden als sachlich oder als übertrieben bewertet werden, unterliegt laut Bundesverfassungsgericht zeitbedingten Veränderungen.

"Gerade weil das so ist, müssen die Verhaltensregeln der einzelnen Berufe in verfassungskonformer Art und Weise die entsprechenden Antworten geben", so der Jurist.

Basis im freien Berufsrecht

Bestimmte Sachverhalte seien durchs Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) beherrschbar, aber die Basis müsse im Berufsrecht liegen.

Denn HWG und UWG setzten keine Normen dafür, wie sich der einzelne Angehörige eines Heilberufs gegenüber Hilfesuchenden zu verhalten habe, "sie haben auch keinen Auftrag dazu".

Berufsrecht: Arzt richtet Handeln am Wohl des Patienten aus

In den Berufsordnungen der Heilberufe manifestiere sich "ein bereits vorhandenes Patientenrechtegesetz", was die Politik leider zu wenig zur Kenntnis nehme. Insofern sei das Patientenrechtegesetz überflüssig.

Die ärztliche Berufsordnung lege die Verantwortung jedes einzelnen Angehörigen fest, nicht das Machbare, sondern das medizinisch Sinnvolle zu sehen und nur dies dem Patienten zu empfehlen.

Im Berufsrecht sei geregelt, dass der Arzt sein Handeln am Wohl des Patienten ausrichte und insbesondere weder sein noch das Interesse Dritter über das Wohl des Patienten stelle. Die Patientenrechte würden durch Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerkammern sehr ernst genommen.

Ärzteverbände in Skandinavien gehen sich strenge Regeln

Wenn es keine Berufsordnungen der Heilberufekammern gäbe, würde diese Aufgabe den freien Verbänden zufallen, erläuterte der Jurist. Dies sei in Skandinavien der Fall, wo sich die Ärzteverbände strenge Reglements gäben, die zwar nicht gesetzlich verbindlich, aber faktisch zwingend seien.

Das habe die Folge, dass Ärzte Mitglied eines Verbandes sein müssten, um zu signalisieren, dass sie sich diesen privatrechtlichen Verhaltensregeln unterordnen und sie anwenden. Ohne die Berufsordnungen hätten die Heilberufe in Deutschland "eine Flut von Verbandsregeln oder Codices, für jedes Fach mehrere".

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