Behandlungsfehler

Jeder dritte Verdacht bestätigt sich

4070 Behandlungsfehler - so viele haben die Medizinischen Dienste der Kassen für 2011 gezählt. Fast jeder zweite Verdacht, der gegen Hausärzte gerichtet worden war, bestätigte sich. Interessant: Viele Ärzte verzetteln sich bei der Dokumentation.

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BERLIN (sun). Therapie, Aufklärung, Dokumentation - exakt 4070 Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen hat der Medizinische Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen (MDS) aus Daten des Jahres 2012 der Landesdienste MDK festgestellt.

Im selben Zeitraum hat der MDK 12.686 Behandlungsfehlervorwürfe begutachtet. Das heißt: Bei rund 30 Prozent der Fälle wurde der Behandlungsfehler bestätigt.

"Viele Vorwürfe bedeuten aber nicht automatisch auch viele Behandlungsfehler", betonte Professor Astrid Zobel vom MDK Bayern.

Die meisten Fehler stellte der MDK bei therapeutischen Eingriffen (41,3 Prozent) fest, gefolgt von Therapiemanagement (23,6 Prozent), der Diagnose (23,1 Prozent). Aber auch bei der Dokumentation (20,4 Prozent) unterlaufen Ärzten Fehler (Mehrfachnennungen waren möglich).

In Bezug auf Krankheiten wiesen die MDK-Gutachter die meisten Behandlungsfehler bei der Kniegelenks- und Hüftgelenksarthrose sowie bei Zahnkaries nach. Bei den Eingriffen kamen der Statistik zufolge die meisten Fehler beim Hüftgelenksersatz vor.

Gegen niedergelassene Ärzte wurde nur etwa ein Drittel der Vorwürfe gerichtet (4177 Vorwürfe). Vor allem die Zahnärzte standen dabei in der Kritik (936 Vorwürfe).

Gegen Allgemeinmediziner wurden deutlich seltener ein Fehlerverdacht erhoben (179), der jedoch zu 44,1 Prozent durch die Gutachter bestätigt wurde.

Grüne: "Nur die Spitze des Eisbergs"

Der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, Dr. Andreas Crusius, relativierte die Statistik des MDK: Angesichts von rund 45 Millionen Behandlungsfällen mit rund 105 Millionen Patientenkontakten im ersten Quartal 2011 allein im hausärztlichen Bereich und rund 18 Millionen Krankenhausbehandlungen im vergangenen Jahr bewege sich die Zahl der festgestellten ärztlichen Behandlungsfehler im Promillebereich.

Anders die Grünen: "Die Statistik ist nur die Spitze des Eisbergs", sagte Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink. Daher sei es unverständlich, warum die Bundesregierung für die Betroffenen keine wirklichen Erleichterungen im Patientenrechtegesetz vorsehe.

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), verteidigte das bereits in den Bundestag eingebrachte Patientenrechtegesetz.

Das Ziel sei es, Behandlungsfehler so weit wie möglich zu vermeiden. Dafür sei das Gesetz "ein guter Weg".

Es sei geplant, mit Risikomanagementsystemen die Fehlerkultur fest zu etablieren. Ärzte hätten zudem künftig eine Informationspflicht gegenüber Patienten.

Das Patientenrechtegesetz soll Anfang 2013 in Kraft treten. Bereits im Mai 2012 verabschiedete das Kabinett einen Gesetzesentwurf.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Auch Bürokratie sorgt für Fehler

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