Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Bei keiner anderen pandemisch aufgetretenen Infektionskrankheit sind derart schnell neben Diagnostika und Impfstoffen auch Therapeutika entwickelt worden wie gegen COVID-19. Was während der Pandemie verfügbar war und was heute noch bei neu infizierten Menschen aus vulnerablen Gruppen einsetzbar ist, darüber haben Ärzte und Wissenschaftler jetzt auf einem Symposium der Paul-Martini-Stiftung in Berlin berichtet und diskutiert.

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Als erste Therapieoption stand schon im Sommer 2020 das bedingt zugelassene Remdesivir zur Verfügung. Entscheidend komme es für dessen Wirksamkeit darauf an, so Professor Clemens M. Wendtner von der LMU München, die Patienten frühzeitig nach Symptombeginn mit der Infusion von Remdesivir zu behandeln. Dann könne bei Ungeimpften eine Risikoreduktion von bis zu 87 Prozent erreicht werden.

Seit Januar 2022 existiert außerdem mit Nirmatrelvir plus Ritonavir eine orale Therapieoption. Studien zeigen nach Angaben Wendtners eine über 80-prozentige Risikoreduktion für Hospitalisierung – wesentlich sei auch hier der frühe Einsatz nach Auftreten erster Symptome und Bestätigung durch einen Test. Allerdings: Die Fülle an Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und bei Vorliegen von Komorbiditäten erfordert eine präzise Anamnese sowie aufwendige Aufklärung durch den verordnenden Arzt. Paxlovid senke auch das Risiko (minus 25 Prozent) für ein Post-COVID-Syndrom und sei auch wirksam bei Reinfektionen sowie geimpften Personen. Die Wirksamkeit sei durch Mutationen beim Erreger bislang nicht eingeschränkt.

MAB: Wenig genutzte Option

Als weitere Behandlungsoptionen bei COVID-19-Infektionen standen während der Pandemie auch antivirale monoklonale Antikörper zur Verfügung. Sie waren eigens gegen den Erreger entwickelt worden, analog zu den spezifischen Antikörpern, die sich gegen RSV und Ebola bewährt haben. Die Hoffnungen waren vor allem darauf gerichtet, durch frühen Einsatz die Zahl der Hospitalisierungen und insbesondere die Inanspruchnahme knapper intensivmedizinischer Behandlungs- und Beatmungskapazitäten zu reduzieren.

In der Tat zeigten mehrere neu entwickelte monoklonale Antikörper 2020 in Studien eine beachtliche Wirksamkeit bei Anwendung innerhalb von fünf Tagen nach Auftreten erster Symptome: Das relative Risiko für Hospitalisierung/Tod konnte damit laut Professor Florian Klein (Universität zu Köln) um 50 bis zu 80 Prozent gesenkt werden. Insgesamt sieben verschiedene monoklonale Antikörper waren dazu, teils in Kombination, eingesetzt und untersucht worden. Nicht so ausgeprägt war dagegen der Effekt beim späteren Einsatz in Kombinationen bei schon hospitalisierten Patienten: Hier konnte eine Reduktion des Mortalitätsrisikos von 20 bis 30 Prozent erreicht werden.

Defizite in der Versorgung

Zwar bestellte die Bundesregierung – wie auch andere Regierungen – Anfang 2021 erhebliche Mengen der monoklonalen Antikörper. Sie wurden allerdings in der Versorgungspraxis kaum eingesetzt. Als Gründe dafür nennt der Hausarzt, Internist und Tropenmediziner Dr. Florian Steiner Hemmungen bei den Primärversorgern, da allen Produkten zu dieser Zeit noch die Zulassung fehlte und zudem die Verabreichung nur intravenös möglich war.

Aber auch das Behandlungsangebot in eigens eingerichteten InfusionsAmbulanzen wurde kaum angenommen, wie Professor Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité Universitätsmedizin, berichtet. Mit der Entwicklung neuer COVID-Varianten, insbesondere Omikron, büßten die monoklonalen Antikörper an Wirksamkeit ein und mehrere zwischenzeitlich erteilte Zulassungen oder Anwendungsempfehlungen wurden zurückgezogen. Laut Robert Koch-Institut ist derzeit nur Sotrovimab in Einzelfällen empfohlen.

Gleichwohl bleibt die Entwicklung monoklonaler Antikörper aus Sicht von Klein für zukünftige Pandemien eine wichtige Option, die für eine bessere Pandemic Preparedness weiter erforscht werden sollte.

Ergänzend dazu müsse allerdings auch eine funktionierende Infrastruktur in der ambulanten hausärztlichen Versorgung für den frühen Einsatz solcher Therapeutika geschaffen werden. (HL)

Videoaufzeichnungen des zweitägigen Symposions sind unter www.paul-martini-stiftung.de/covid-19 abrufbar.

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