Interview

„Shared Decision Making zwingt uns dazu, über alle Therapiemöglichkeiten genau aufzuklären“

Wie verändert Shared Decision Making die Behandlung? Herzspezialist und Privatdozent Dr. Mark Lüdde hat am Uniklinikum Schleswig-Holstein bereits Erfahrungen damit gesammelt.

Veröffentlicht:

Herr Dr. Lüdde, was verändert SDM im Gespräch mit den Patienten?

Dr. Mark Lüdde: Die Qualität der Gespräche hat sich für mich dramatisch verbessert. Ich habe am UKSH lange in der kardiologischen Notfallambulanz gearbeitet, und selbst unter diesen Bedingungen habe ich gelernt, Gespräche besser zu strukturieren. Dort habe ich oft von Patienten gehört: „So ein gutes Gespräch habe ich mit einem Arzt noch nie geführt.“

Was haben Sie selbst durch SDM verändert?

Ich habe zunächst gedacht, dass das Training nur eine zusätzliche Arbeitsbelastung obendrauf ist. Aber das war nicht so. Extrem hilfreich war zum Beispiel, sich im Trainingsvideo selbst als Arzt in Aktion zu sehen: Gucke ich den Patienten eigentlich an – und wie strukturiere ich das Gespräch? Seitdem fasse ich immer alle Therapieoptionen am Ende noch einmal kurz zusammen.

Ist das nicht sehr zeitaufwendig?

Ja. Aber ich wende SDM nicht bei jedem Patienten an, sondern vor allem bei jenen, die vor einer wichtigen Therapieentscheidung stehen. SDM zwingt uns dazu, über alle Therapiemöglichkeiten genau aufzuklären. Und auch Nichtstun kann eine adäquate Entscheidung des Patienten sein. Wir Ärzte neigen dazu, uns zu früh auf etwas festzulegen, das wir favorisieren. Es ist aber besser, der Patient liegt auf dem OP-Tisch, weil er es selbst will – und nicht, weil wir ihn dort hingeredet haben.

Und wie kommt das bei den Patienten an?

Sehr gut. Ich hatte zum Beispiel einen Patienten, der einen Herzschrittmacher in einer anderen Klinik bekommen sollte. Er wollte hören, ob der Eingriff wirklich notwendig ist. Nach dem Gespräch sagte er: „Das Gespräch war so gut, jetzt lasse ich auch den Eingriff bei Ihnen machen.“ Das hat mich dann vom Programm überzeugt. (Hons)

PD Dr. Mark Lüdde ist seit 2019 in einer kardiologischen Gemeinschaftspraxis in Bremerhaven tätig. Zuvor war er am UKSH in Kiel.

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