Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Nur kurz ins Krankenhaus, danach gut versorgt Zuhause

Innofondsprojekt „STATAMED“: Blaupause für Vernetzung

Unter dem Dach des Innovationsfondsprojektes „STATAMED“ wird aktuell die sektorenübergreifende „Kurzstationäre Allgemeinmedizin“ bundesweit an sechs Standorten erprobt. Das Fazit nach dem ersten Jahr: Die Zusammenarbeit funktioniert.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Eine gute Kooperation der Gesundheitsakteure vor Ort ist der zentrale Schlüssel für eine effiziente und patientenorientierte Versorgung. So ließe sich die handlungsleitende Idee von „STATAMED“ umschreiben.

Eine gute Kooperation der Gesundheitsakteure vor Ort ist der zentrale Schlüssel für eine effiziente und patientenorientierte Versorgung. So ließe sich die handlungsleitende Idee von „STATAMED“ umschreiben.

© BAIVECTOR / stock.adobe.com

Mehr als 1.600 Patientinnen und Patienten sind bisher in STATAMED versorgt worden. Rund 125 registrierte Ärztinnen und Ärzte sowie 77 Pflegeeinrichtungen und sechs Rettungsdienste haben sich an sechs Standorten als registrierte Zuweiser eingeschrieben. Umgesetzt und getestet wird das Konzept in Bad Gandersheim, Sulingen und Norden in Niedersachen, in Hamburg an der Stadtteilklinik Mümmelmannsberg sowie am Klinikum Groß-Sand in Wilhelmsburg und auch am Gesundheitszentrum St. Vincenz in Essen-Stoppenberg in Nordrhein-Westfalen (siehe nebenstehendes Interview). Die AOK Rheinland/Hamburg hat die Konsortialführung von „STATAMED“ inne.

Vor Ort wird die Zusammenarbeit jeweils in Gesundheitsnetzwerken organisiert, in denen ambulante Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und der Rettungsdienst mit den STATAMED-Kliniken kooperieren. Patientenlotsen und mobile Pflegekräfte, sogenannte „Flying Nurses“, spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle. Das primäre Versorgungsziel ist, eine ärztliche und pflegerische Versorgung zu sichern, möglichst in der Nähe des häuslichen Umfeldes.

Ergänzung zwischen Sektoren

Dazu werden Patienten mit akuten, aber nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen zunächst wenige Tage stationär in der STATAMED-Klinik aufgenommen und nach Entlassung bis zu 28 Tage ambulant weiter betreut. Ein weiterer erhoffter Effekt ist, darüber die Rettungsdienste und Notaufnahmen der Kliniken zu entlasten.

„,STATAMED‘ ist eine wohnortnahe Ergänzung zwischen Praxis und Klinik“, sagt Dr. Michael Gröning. Der leitende Arzt am Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand ist der zentrale Ideengeber für das Vorhaben und jetzt der ärztliche Projektleiter von „STATAMED“. Gemeinsam mit ihm haben die AOK Rheinland, die AOK Niedersachsen sowie weitere Partner das Konzept für das „innovative Modell der sektorenübergreifenden Versorgung“ entwickelt, erklärt Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/ Hamburg. Im Idealfall soll es, so Mohrmann weiter, nach der Erprobungsphase an den unterschiedlichen Standorten nachhaltig etabliert werden.

Dass neue Konzepte der Versorgung gebraucht werden, zeigt sich am Beispiel Essen-Stoppenberg. Robert Hildebrandt, Geschäftsführer des Gesundheitszentrums St. Vincenz, berichtet, dass die Bevölkerung im Stadtteil Ende 2020 angesichts der Pläne zur Klinikschließung sehr aktiv geworden sei und beim Essener Oberbürgermeister für eine kommunale Lösung geworben habe.

Die Stadt gründete schließlich gemeinsam mit den „Katholische Einrichtungen Ruhrgebiet Nord GmbH“ (KERN) als Krankenhausbetreiber und dem Ärztenetz Essen Nord-West die neue Betriebsgesellschaft Gesundheitszentrum St. Vincenz gGmbH. „,STATAMED‘ ermöglicht es uns, einen zwischenzeitlich abgewickelten Klinikstandort in neuer Form fortzuführen und so die stationäre Versorgung vor Ort weiter zu betreiben“, sagt Hildebrandt. Der Geschäftsführer arbeitet bereits an der Vision, das ,STATAMED‘-Konzept zu einem Zukunftsmodell weiterzuentwickeln. So werde aktuell ein Neubau geplant, in dem neben der stationären Versorgung auch ein ambulantes OP-Zentrum betrieben werden soll. Weitere Räume des Gebäudes sollen für Arztpraxen genutzt und an niedergelassene Medizinerinnen und Mediziner vermietet werden.

Entlastung für Notaufnahmen

Hildebrandt ist sich sicher, dass die bisherige sektorale Aufteilung des Gesundheitssystems in Zukunft nicht mehr funktionieren werde. Umso wichtiger sei es, jetzt Modelle vor Ort zu testen, die intensivere, multidisziplinäre und sektorenübergreifende Kooperationen ermöglichen und zugleich eine qualifizierte medizinische Behandlung sichern. In „STATAMED“ sieht er ein Versorgungsmodell, das auch die aktuellen Probleme in der Regelversorgung bearbeitet: „Wir sorgen dafür, dass lange und wiederkehrende Klinikaufenthalte mit Über- und Fehlversorgung vermieden werden, dass die Notaufnahmen entlastet werden und zugleich die Patienten bestmöglich und effizient interdisziplinär versorgt werden. Wir fördern den kollegialen Austausch untereinander und können darüber die Patienten viel effizienter und bedarfsgerechter in der Klinik behandeln“, betont der Geschäftsführer.

Mit „STATAMED“ sei der erste Schritt hin zu einer zukünftigen Versorgungsform auf den Weg gebracht worden: „Ohne die Unterstützung der AOKen wäre dies nicht umsetzbar gewesen“, so Hildebrandt. Ein Ziel sei nun, die sektorenübergreifende Versorgungsform im Gesundheitszentrum St. Vincenz auch nach Ablauf des Innovationsprojektes fortzuführen.

Probelauf für die interprofessionelle Zusammenarbeit

AOK-Vorstand Matthias Mohrmann hat ähnliche Zukunftspläne: „Wir wollen mit diesem innovativen Modell die sektorenübergreifende Versorgung an unterschiedlichen Standorten erproben und bestenfalls über den Projektzeitraum hinaus etablieren.“ Er ist überzeugt, dass mit dem Innovationsfondsprojekt „die großen gesundheitspolitischen Weichenstellungen etwa bei der Krankenhausreform und der Einrichtung von Gesundheitsregionen“ aufgegriffen und „in die Praxis überführt“ werden können.

Schließlich werden Strukturen und Prozesse organisiert, die bislang nicht vorhanden sind und die erprobt werden müssen. Im Erfolgsfall, so Mohrmann weiter, seien die Erkenntnisse auf weitere Standorte übertragbar und als Bestandteil größerer Versorgungsmodelle denkbar. Dazu brauche es jedoch entsprechende politische Rahmenbedingungen. Mit „STATAMED“ soll gezeigt werden, dass eine intersektorale, interprofessionelle Form der Versorgung funktionieren kann und dass vor allem die Patientinnen und Patienten davon profitieren. Eine so gestaltete regionale, kurzstationäre Versorgung könne zudem völlig neue Perspektiven für kleinere Krankenhausstandorte liefern, vor allem in strukturschwachen oder ländlichen Regionen.

Ob sich damit auch langfristig Geld im Gesundheitswesen einsparen lasse, kann, so Mohrmann, erst nach der geplanten Evaluation beurteilt werden. Die wissenschaftliche Auswertung haben die medizinischen Universitäten in Hamburg und Hannover übernommen. „Unser Hauptziel ist es, die Versorgung zu verbessern und effizienter zu gestalten, womit dann auch Kosten etwa im Krankenhaussektor sinken könnten – etwa durch eine Verkürzung der Liegedauer von Patientinnen und Patienten in stationären Einrichtungen und eine Verringerung der Zahl von Wiedereinweisungen“, sagt Mohrmann.

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