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Aktuelle AOK-Analyse

Weniger Long- und Post-COVID-Fälle, aber trotzdem lange Ausfallzeiten

Über ein Drittel der durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten fiel 2023 wegen einer akuten COVID-Infektion am Arbeitsplatz aus. In 2023 waren weniger Beschäftigte von Langzeitfolgen der Erkrankung betroffen als noch in den Jahren zuvor. Jedoch führen Long- und Post-COVID nach wie vor zu langen Ausfallzeiten.

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Mann mit Schnupfen und Thermometer

Verdacht auf eine Corona-Infektion? Zwischen März 2020 und Dezember 2023 bescheinigten Ärzte 36,5 Prozent der insgesamt 7.029.177 durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer akuten COVID-19-Erkrankung. (Motiv mit Fotomodell)

© Clement Coetzee/peopleimages.com / stock.adobe.com

Deutlich weniger Menschen waren 2023 aufgrund von Langzeitfolgen nach einer COVID-19-Infektion arbeitsunfähig als in den Jahren zuvor. Lange Fehlzeiten hatten die Betroffenen dennoch. Insgesamt lag der Krankenstand weiterhin auf hohem Niveau.

Zwischen März 2020 und Dezember 2023 bescheinigten Ärzte 36,5 Prozent der insgesamt 7.029.177 durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer akuten COVID-19-Erkrankung. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). 1,8 Prozent – das sind mehr als 126.000 Menschen – erhielten mindestens eine Krankschreibung wegen Long-COVID, PostCOVID oder wegen des chronischen Fatigue-Syndroms (CFS).

Besonders interessant: Bei 31.948 Versicherten mit Post-COVID und bei 9.455 Versicherten mit CFS wurde vorab keine akute COVID-19-Erkrankung auf einer Arbeitsunfähigkeitbescheinigung dokumentiert. Etwa zehn Prozent aller von Spätfolgen Betroffenen wurden im Beobachtungszeitraum mehrfach aufgrund von Long-COVID, Post-COVID oder CFS arbeitsunfähig geschrieben.

Bei Long-COVID im Schnitt 36 AU-Tage

Insgesamt zeigt sich ein positiver Trend: Der Spitzenwert des vergangenen Jahres wurde mit 202 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherten Beschäftigten bereits im Januar erreicht; die Zahl der Betroffenen sank dann im Jahresverlauf kontinuierlich bis auf 110 je 100.000 Beschäftigten im Dezember 2023 ab. Zum Vergleich: Im März 2022 wurde der Spitzenwert von 416 erwerbstätigen AOK-Versicherten je 100.000 Beschäftigten registriert.

Allerdings müssen Menschen, die unter Spätfolgen einer COVID-19-Infektion leiden, weiterhin sehr lange Ausfallzeiten hinnehmen. Bei Long-COVID-Erkrankungen betrug die Krankheitsdauer durchschnittlich 36,6 Tage. Wird die vorangegangene akute COVID-19-Infektion mit einbezogen, ergibt sich eine durchschnittliche Krankheitsdauer von 64,6 Tagen. Bei Post-COVID-Erkrankungen waren es 31,7 Tage pro Patient, bei CFS 29,9 Tage. „Dies sind im Vergleich zu anderen Erkrankungen sehr lange berufliche Ausfallzeiten“, kommentiert WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder die Zahlen. Offenbar sei es in vielen Fällen eine Herausforderung, den Betroffenen wieder den Weg in den betrieblichen Alltag zu ebnen, so Schröder.

Hohe Dunkelziffer nicht ausgeschlossen

Die WIdO-Wissenschaftler weisen allerdings darauf hin, dass eine realitätsgetreue Abbildung der langfristigen Folgen von COVID-19-Infektionen schwierig ist. Dafür gibt es drei Gründe: Erstens verteilt sich das Krankheitsgeschehen auf diverse Abrechnungsdiagnosen. Zweitens unterscheiden sich die Dokumentationsgewohnheiten bei den Ärztinnen und Ärzten. Außerdem existieren drittens viele unterschiedliche Folgeerkrankungen akuter COVID-Infektionen. „Auch das Robert Koch-Institut kritisiert in diesem Zusammenhang den Mangel an bevölkerungsrepräsentativen, kontrollierten Studien mit ausreichender Nachbeobachtungszeit, die einen Vergleich von Personen mit und ohne akuter COVID-19-Infektion ermöglichen“, sagt WIdO-Chef Schröder.

Zudem berücksichtigten bisherige Meta-Analysen methodische Unterschiede zwischen den einzelnen Studien nur begrenzt, was häufig zu Überschätzungen der Gesamtprävalenz von COVID-19-Spätfolgen führe. Schröder fügt aber hinzu: „Unsere Analysen der Arbeitsunfähigkeitsdaten erlauben daher trotz aller Limitationen immer noch die bestmögliche Quantifizierung der Spätfolgen von COVID-19-Infektionen in der erwerbstätigen Bevölkerung.“

Die tatsächliche Anzahl der betroffenen Beschäftigten sei aber möglicherweise höher als es die vorliegenden Zahlen vermuten lassen. So müsse nicht jeder von Spätfolgen betroffene Beschäftigte in der Praxis mit den berücksichtigten Diagnosen arbeitsunfähig geschrieben werden.

Gesundheitsberufe häufig betroffen

Die WIdO-Analyse veranschaulicht ein weiteres Phänomen: COVID-19-Infektionen und deren Spätfolgen wurden am häufigsten unter Beschäftigten in Sozial- und Gesundheitsberufen diagnostiziert. Bei den akuten Erkrankungen lagen Berufe in der Kinderbetreuung und -erziehung an der Spitze: Fast die Hälfte der Angehörigen dieser Berufsgruppe (48,3 Prozent) war zwischen März 2020 und Dezember 2023 mindestens einmal wegen einer akuten COVID-19-Infektion krankgeschrieben – deutlich über dem Durchschnittswert von 36,5 Prozent. Krankschreibungen aufgrund von Long-COVID, Post-COVID oder chronischem Erschöpfungssyndrom kamen in der Berufsgruppe der Ergotherapeuten mit 3,5 Prozent am häufigsten vor.

Der Frauenanteil ist sowohl bei den akuten COVID-19-Infektionen als auch bei den Spätfolgen deutlich höher als der Anteil der Männer. So lag der Anteil der Frauen bei Post-COVID-Erkrankungen beispielsweise 61,1 Prozent höher als der der Männer.

Für WIdO-Geschäftsführer Schröder ein bemerkenswertes Ergebnis, da „sich in der Gesamtbetrachtung aller anderen Krankheitsarten das Bild umkehrt.“ Hier sei der Anteil der Männer an den AU-Fällen mit 53 Prozent höher als der Anteil der Frauen. Der allgemeine Krankenstand lag 2023 mit 6,6 Prozent etwas unter dem historischen Höchststand von 6,7 Prozent aus dem Jahr 2022, aber erneut deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen Jahre. (fb)

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