Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Patientenrechte

Zugang zur Krankenakte oft schwierig

Patientinnen und Patienten stoßen häufig auf Hürden, wenn sie Einsicht in ihre Krankenakte nehmen wollen. Der AOK-Bundesverband fordert rechtliche Nachbesserungen – nicht nur bei der Akteneinsicht, sondern auch bei der Absenkung der Beweislast im Schadensfall.

Von Stefanie Roloff Veröffentlicht:
Ein Zehntel der knapp 3.300 Befragten musste länger als sechs Monate auf die eigene Krankenakte warten.

Ein Zehntel der knapp 3.300 Befragten musste länger als sechs Monate auf die eigene Krankenakte warten.

© megakunstfoto / stock.adobe.com

Die Online-Erhebung des Marktforschungsinstituts Bilendi vom 29. April bis 6. Mai 2025 unter knapp 3.300 Teilnehmenden verdeutlicht: Wer seine Akte anfordert, muss oft erhebliche Anstrengungen unternehmen. 31 Prozent der Teilnehmenden hatten schon einmal eine oder mehrere Krankenakten im ambulanten oder stationären Bereich für sich selbst oder Angehörige angefordert.

Rund ein Drittel von ihnen benötigte Unterstützung – 20 Prozent durch ihre Krankenkasse, 9 Prozent durch juristische Beratung. Fast 15 Prozent aller Befragten kannten ihren durch das Patientenrechtegesetz geregelten Anspruch auf Einsicht in ihre Akte nicht.

Lückenhaft oder verspätet

Probleme zeigen sich auch bei der Vollständigkeit. 16 Prozent der Befragten erklärten, dass ihre Unterlagen unvollständig waren – am häufigsten fehlten Befunde (8 Prozent) oder Laborwerte (4 Prozent). Hinzu kommen Schwierigkeiten beim Erhalt.

Mehr als die Hälfte musste nachhaken, um die Akte zu bekommen – 29 Prozent einmalig, 23 Prozent mehrfach. Sieben Prozent scheiterten ganz. Bei rund zehn Prozent zog sich die Wartezeit über sechs Monate hin. Immerhin ging es in der Mehrheit schneller: 53 Prozent erhielten ihre Unterlagen innerhalb einer Woche, weitere 37 Prozent innerhalb eines Monats.

Viele Verdachtsfälle

In vielen Fällen werden die Krankenakten im Kontext eines vermuteten Behandlungsfehlers angefordert. Die Behandlungsfehler-Statistik der AOK-Gemeinschaft verdeutlicht den Handlungsbedarf. Allein 2024 registrierten die elf AOKs 16.660 neue Verdachtsfälle auf Behandlungs- oder Pflegefehler. In knapp 29 Prozent der abgeschlossenen Verfahren bestätigten Gutachten einen Fehler oder MedizinprodukteSchaden.

„Wir wissen aus der Beratung, dass viele Versicherte nach wie vor große Probleme bei der Durchsetzung ihrer Rechte haben“, sagt dazu Dr. Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. In einem Positionspapier zur Weiterentwicklung der Patientenrechte spricht sich die AOK-Gemeinschaft daher für spürbare Verbesserungen aus. Dazu gehört auch eine Anpassung der Beweislast: „Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent sollte künftig als Beweis für den Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden ausreichen“, so Reimann.

Mehr Nachbesserungen gefordert

„Patientinnen und Patienten sind auf zeitnahe und vollständige Patientenakten angewiesen – nicht nur für ihre laufende Behandlung, sondern auch zur Überprüfung der Richtigkeit“, betont Dr. Ruth Hecker, die Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V. Besonders bei chronischen Erkrankungen, Arztwechseln oder Umzügen sei dies entscheidend.

Da die elektronische Patientenakte bislang nur Zusammenfassungen und keine vollständigen Behandlungsdetails enthalte, bleibe die Anforderung der vollständigen Akte für die sichere Versorgung unverzichtbar. „Die Probleme beim Erhalt ihrer Akte können zudem besonders für Betroffene von Behandlungs- oder Pflegefehlern eine große Belastung darstellen“, so Hecker.

Nach Einschätzung des AOK-Bundesverbandes müssen die bestehenden Vollzugsdefizite bei der Akteneinsicht durch Nachbesserungen im Patientenrechtegesetz behoben werden: „Es braucht vor allem rechtliche Konsequenzen für den Fall, dass die komplette Einsichtnahme grundlos verwehrt wird. Darüber hinaus sollte gesetzlich geregelt sein, wie die Patientenakte aufzubereiten ist, um insbesondere Nachbehandelnden einen schnellen Überblick über durchgeführte Behandlungen und deren Ergebnisse zu ermöglichen“, fordert Reimann.

In ihrem Positionspapier fordert die AOK zudem, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes von 2023 zur kostenlosen Bereitstellung der ersten Kopie der Patientenakte zügig in nationales Recht zu übertragen. „Die Berücksichtigung des Themas in einem aktuellen Gesetzesentwurf aus dem Bundesjustizministerium ist ein richtiger Schritt zur Umsetzung“, so Reimann.

Die Ergebnisse der Online-Befragung sind abrufbar unter: https://www.aok.de/pp/bv/pm/einblick-in-ihre-krankenakte/

Informationen zur Behandlungsfehler-Statistik der AOK-Gemeinschaft finden sich unter: https://www.aok.de/pp/bv/pm/positionspapier-patientenrechte/

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