Das Bahr-Ultimatum

Trotz der Milliardenüberschüsse in der GKV sträuben sich viele Kassen, Prämien an ihre Versicherten auszuschütten. Jetzt hat Gesundheitsminister genug - und droht mit einem Gesetz.

Veröffentlicht:
Erzürnter Minister: Wann schütten die Kassen endlich Prämien aus?

Erzürnter Minister: Wann schütten die Kassen endlich Prämien aus?

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN (af). Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will die Krankenkassen wenn nötig per Gesetz zwingen, Überschüsse in Form von Prämien an die Versicherten zurückzugeben.

Darüber werde in der Koalition verhandelt, sagte er in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag).

Das Bundesversicherungsamt hat die Techniker Krankenkasse, die IKK gesundplus und die Hanseatische Krankenkasse erst vor wenigen Tagen aufgefordert, bis Anfang Juni Prämienzahlungen zu prüfen.

Ein Ministeriumssprecher bestätigte der "Ärzte Zeitung" am Montag, dass Bahr vor einer Gesetzesinitiative zunächst die Antworten der angeschriebenen Kassen abwarten wolle.

Bei den Kassen waren 2011 Überschüsse von gut vier Milliarden Euro aufgelaufen. Dennoch mahnt der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, zur Zurückhaltung.

Es sei am besten, wenn die Kassen das Geld für schlechte Zeiten zurücklegten. Montgomery plädiert stattdessen dafür, die Praxisgebühr abzuschaffen.

Das stößt auf Zustimmung bei der GKV. Die verweist auf die aktuell wieder steigenden Gesundheitskosten in allen Bereichen.

"Die Ausgabensteigerungen bei Krankenhäusern und Medikamenten dürften sich auf über vier Milliarden Euro summieren, dazu kommen noch die Mehrausgaben für niedergelassene Ärzte und Zahnärzte, sagte GKV-Verbandssprecher Florian Lanz der "Ärzte Zeitung".

Weinberg: Rücklagen sind rational

In Anbetracht der Tatsache, dass die Ausgaben für Arzthonorare, Kliniken und Medikamente stiegen und gleichzeitig der Bundeszuschuss gekürzt werden solle, habe der GKV-Spitzenverband großes Verständnis dafür, wenn Krankenkassen ihre Überschüsse aus der Vergangenheit für die künftige medizinische Versorgung ihrer Versicherten verwenden wollten, sagte Lanz.

Die betroffenen Kassen sehen für sich weitere Möglichkeiten, die Versicherten am Geldsegen teilhaben zu lassen. Die Techniker Krankenkasse finanziere aus den Überschüssen zusätzliche freiwillige Leistungen, sagte TK-Chef Professor Norbert Klusen.

Mit Boni wartet die IKK gesundplus auf. Zudem hälfen die Überschüsse, Zusatzbeiträge bis mindestens 2014 zu vermeiden, teilte eine IKK gesundplus-Sprecheruin der "Ärzte Zeitung" mit.

Was das Vier-Milliarden-Polster, manche sprechen inzwischen von fünf bis sechs Milliarden Euro, wert ist, ist umstritten. "Dies entspricht den Ausgaben von lediglich acht Tagen", warnte der GKV-Vizechef Johann Magnus von Stackelberg vor überzogenen Erwartungen.

Damit bezieht er sich auf die gesamte gesetzliche Krankenversicherung.Das Bundesversicherungsamt (BVA) betrachtet die einzelnen Kassen. Bei den dreien, die im Mai Post vom BVA erhielten, überstiegen die Rücklagen inzwischen die gesetzlich geforderten anderthalb Monatsaussgaben deutlich, monierte die Behörde.

"Dass die Kassen Überschüsse lieber zurücklegen, als sie den Versicherten in Form einer Prämie zurückzugeben, ist Ergebnis schwarz-gelber Politik", reagierte Harald Weinberg von den Linken auf Bahrs Vorstoß. Bahr müsse sich das selbst zuschreiben.

Denn über den Kassen schwebe immer das Damoklesschwert, Zusatzbeiträge erheben zu müssen und dann massiv Mitglieder zu verlieren. Um das zu vermeiden, sei es nur rational von den Kassen, für schlechtere Zeiten eine Reserve anzulegen.

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gastbeitrag zum Hauptstadtkongress

Innovation ist kein Nice-to-have – sondern ein Muss

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Let‘s talk about...

Tabuthema Sex: Wie spricht man es in der Sprechstunde an?

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt