Deutsche sind kein Volk von Pflege-Muffeln

Wissenschaftler widersprechen der These, die Bereitschaft zur Pflege eines nahen Angehörigen sinke. Das Gegenteil sei der Fall, betonen sie.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Viele Deutsche sind der Ansicht, dass Familienangehörige einen Beitrag zur Pflege leisten sollten.

Viele Deutsche sind der Ansicht, dass Familienangehörige einen Beitrag zur Pflege leisten sollten.

© dpa

BERLIN. Die Berliner Medizinsoziologin Professor Adelheid Kuhlmey hat der Behauptung widersprochen, wonach die Bereitschaft der Bundesbürger zur Pflege eines Angehörigen rapide sinkt.

"Die Zustimmung zu familialer Unterstützung ist hoch", sagte Kuhlmey bei der Verleihung des "Berliner Gesundheitspreises 2010" von AOK und Ärztekammer Berlin.

Aus Studien ihres Instituts an der Berliner Charité gehe klar hervor, dass das Gros der Deutschen der Ansicht sei, dass auch Familienangehörige einen Beitrag zur Pflege leisten sollten.

"Dass uns dieser Treibstoff ausgeht, hat mir noch niemand bewiesen", sagte Kuhlmey. Zuletzt hatten unter anderem Forscher des zur PKV gehörenden Zentrums für Qualität in der Pflege erklärt, die Bereitschaft zur Pflege eines Angehörigen habe abgenommen.

Bei ihren Umfragen habe nur eine Minderheit der These zugestimmt, Familiepflege passe nicht mehr in die heutige Zeit, betonte Kuhlmey. Die Politik sei jetzt aufgerufen, die "Ressource Familie als beachtlicher Versorgungsinstanz" zu erhalten.

Dazu zählten Rahmenbedingungen, die eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Berufsarbeit ermöglichen. Außerdem brauchten die Helfer mehr Hilfe. Ansonsten würden sie - bedingt durch die "Endlos-Pflege" eines Angehörigen - selber zum Pflegefall. Umgekehrt müssten Angehörige Unterstützungsangebote öfter abrufen.

In Deutschland werden derzeit etwa 1,6 Millionen Pflegebedürftige zu Hause versorgt. Weil es jetzt schon zu wenige Pflegekräfte und pflegende Angehörige gibt, die eine wachsende Zahl von Pflegebedürftigen versorgen können, will Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) den Pflegeberuf durch bessere Rahmenbedingungen attraktiver machen und die Hilfen für Angehörige weiter ausbauen.

Geplant sind unter anderem Kuren. Grünen-Pflegeexpertin Elisabeth Scharfenberg warf Rösler vor, mit seinem "Pflegedialog" lediglich "Selbstinszenierung" zu betreiben.

Röslers Vorschläge zur Entlastung pflegender Angehöriger gingen an den Problemen der Betroffenen "komplett vorbei". Wichtiger als Kuren seien Hilfsangebote, mit denen der Überforderung vorgebeugt werde, sodass gar keine Kur nötig werde.



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