Der Standpunkt
Dimension der Ungewissheit
Der Autor ist Redakteur im Wirtschaftsressort bei der "Ärzte Zeitung". Schreiben Sie ihm: matthias.wallenfels@springer.com
"Fukushima" wird sich einbrennen in das kollektive Gedächtnis der Welt - zumindest der westlichen. Und zwar als Synonym für das verheerende Zusammenspiel von unzähmbaren Naturgewalten und - unabhängig vom Ausgang der gegenwärtigen Krise - einer nuklearen Bedrohung.
Das Ausmaß, in dem große Teile des hoch technisierten und hoch zivilisierten Landes durch Beben und Tsunami verwüstet worden sind, ist auch für alle dort tätigen Ärzte unfassbar. In den unmittelbar betroffenen Provinzen hat die exzessive Naturgewalt Ärzte bei der Versorgung der vielen Verletzten vor schier unlösbare Probleme gestellt.
Sicherlich, das gilt auch für andere von Naturkatastrophen betroffene Regionen der Welt. Nur, in Japan fehlt es nicht generell an Equipment. Hinzu kommt die permanente nukleare Bedrohung, die die Situation so ausweglos erscheinen lässt.
Ärzte in Tokio sehen ihrem möglicherweise tödlichen Schicksal ins Auge. Sie bereiten sich auf die immense Herausforderung vor, sollte die Lage in Fukushima außer Kontrolle geraten und eine nukleare Katastrophe auch nicht vor der Hauptstadt Halt machen. Das sicherte ein Tokioter Hausarzt vor Kurzem im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" zu. Dabei ginge es dann nicht nur um die Versorgung der vielen Opfer mit Jodtabletten ...
Die in der japanischen Historie und Sozialisation fest verankerte Disziplin ist Basis und Motivation für die verbliebenen Arbeiter und Vertreter der Selbstverteidigungskräfte, die rund um die Reaktoren in Fukushima mit Leibeskräften gegen ein zweites "Tschernobyl" ankämpfen. Sie wissen sehr wohl, wie es - unabhängig vom Erfolg des Einsatzes - um ihre Gesundheit steht.
Wer Nippon kennt, weiß, dass Japan sehr wohl aus der Krise lernen wird - auch was Engpässe in der medizinischen Versorgung angeht. Diese sind in dem gegenwärtigen Ausmaß im Vergleich zu vergangenen Beben völlig neu. Ein direkter Vergleich mit dem verheerenden Beben in Kobe 1995 verbietet sich aber. Dort war die nukleare Komponente vollkommen außen vor.