Odenwaldkreis

Gemeinsam gegen den Ärztemangel

Im Odenwaldkreis fehlen Hausärzte in mehreren Gemeinden. Seit über einem Jahr suchen Ärztevertreter, Kassen und Politiker einen Ausweg.

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Michelstadt im Odenwald: Seit neulich eine Ärztin weniger.

Michelstadt im Odenwald: Seit neulich eine Ärztin weniger.

© ARCO IMAGES / imago

Von Sabine Schiner

MICHELSTADT. Die Jungen ziehen weg, die Alten bleiben. Von den 62 Hausärzten im Odenwaldkreis in Hessen sind 47 älter als 51 Jahre. Derzeit gibt es in drei Gemeinden keinen Allgemeinmediziner mehr.

Erst kürzlich hat im Michelstädter Stadtteil Vielbrunn eine Ärztin ihre Praxis geschlossen - und keinen Nachfolger gefunden. Seitdem bietet eine Gemeinschaftspraxis aus Bad König dort zu bestimmten Zeiten Sprechstunden an.

"Der Handlungsbedarf ist groß, das hat auch die Versorgungsanalyse der KV Hessen gezeigt", sagt Dr. Ulrich Falk, Leiter des Kreisgesundheitsamtes im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Bei der hausärztlichen Versorgung drücke der Schuh am stärksten. Seit Juni 2011 macht der Landkreis mobil. Das Motto lautet: "Agieren und nicht reagieren".

Dafür arbeiten Ärzte, Politiker und Vertreter von Kliniken und Kassenärztlicher Vereinigung daran, gemeinsam die Versorgung sicherzustellen. Dazu gehört auch, dass neue Strukturen aufgebaut werden - kleinräumig und sektorenübergreifend.

So wurde auf einer Planungskonferenz das Projekt "Gesundheitsversorgung Odenwaldkreis" angestoßen. Fünf Arbeitsgruppen feilen an neuen Strategien, Projektmanager begleiten die Umsetzung. Dabei geht es um:

  • den Aufbau einer transsektoralen Notfallversorgung,
  • die Versorgung psychisch kranker Patienten,
  • um neue Kooperationsformen für niedergelassene Ärzte,
  • um eine engere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Kommunalpolitikern und
  • um den Aufbau einer Verbundweiterbildung für Allgemeinmediziner.

"Wir wollen ein Kompaktangebot für junge Ärzte schnüren", sagt Falk. "Wir hoffen, dass sie sich danach im Odenwald niederlassen." Bis zum Jahresende soll das Angebot stehen.

Eine Steuerungsgruppe, die der Kreisausschuss des Odenwaldkreises einberufen hat, koordiniert die Arbeitsgruppen. Daran haben Vertreter von Hausärzten, Kliniken, Ärztegenossenschaft, Bürgermeister, Politiker, Gesundheitsamt und KV teil.

Der enge Kontakt zur KV sei wichtig, betont Falk. "So erfährt man in Frankfurt sofort, wenn es bei uns eng wird - etwa, über die langen Wartezeiten in der augenärztlichen Versorgung."

Gesucht werden Lösungen "aus der Region, für die Region" - und zwar möglichst kleinräumig. "Es ist unser großer Vorteil, dass sich bei uns alle seit Jahren kennen", sagt Falk.

"In Berlin wären wir mit unserenweniger als 100.000 Einwohnern nur einer von vielen Stadtteilen."

Für das Vorhaben sollen die Instrumente eingesetzt werden, die der Hessische Pakt zur Sicherstellung der Versorgung den Regionen seit November 2011bietet: Gründung von Zweigpraxen, Telemedizin sowie Pendel- und Begleitdienste für Patienten auf dem Land.

Falk hofft, dass einige Ärzte die finanzielle Förderung des Landes nutzen und sich im Odenwald niederlassen. Derzeit werden alle 32 Förderanträge für Hessen geprüft.

Am 9. November will das Sozialministerium bekannt geben, in welchen Orten sich neue Ärzte niederlassen werden.

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