Innovationsbewertung? Ja, aber mit System!

Wie lassen sich Innovationen in der Medizin sinnvoll bewerten? Darüber diskutierten Experten beim Kongress des Verbands der Universitätskliniken (VUD).

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Was ist innovativ, was nicht? Experten kritisieren, dass es in Deutschland bislang keine systematische Innovationsbewertung gibt.

Was ist innovativ, was nicht? Experten kritisieren, dass es in Deutschland bislang keine systematische Innovationsbewertung gibt.

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Von Angela Mißlbeck

BERLIN. Kritik an der geplanten Kosten-Nutzen-Bewertung im Gesundheitswesen äußerte der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), Dr. Rainer Hess. Aus seiner Sicht ist das Verfahren dann fragwürdig, wenn es keine Konsequenzen für die Kostenübernahme in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach sich zieht.

Hess wies darauf hin, dass der GBA nicht die Möglichkeit habe, ein Präparat wegen einer ungünstigen Kosten-Nutzen-Relation von der Erstattungsfähigkeit auszuschließen. Der Ausschuss könne höchstens entscheiden, ob ein neues Präparat besser als ein altes sei. "Daher stellt sich die Frage: Was soll die ganze Kosten-Nutzen-Bewertung, wenn sie letztlich nicht zu einer Entscheidung über die Erstattungspflicht führt, sondern nur zu Preisvorschlägen. Da kann man auch Preisverhandlungen führen", sagte der GBA-Chef.

Allgemein stufte Hess die Bewertung von Innovationen in Deutschland als "sehr lückenhaft" ein. So entscheide der GBA auch nicht über neue Medizintechnik, wenn sie nicht in Verbindung mit neuen Diagnose- oder Therapie-Verfahren steht.

Der Geschäftsführer des Verbands der Uniklinika (VUD), Rüdiger Strehl, sagte, eine systematische Innovationsbewertung in Deutschland fehle bislang. In Kliniken gelte das Motto: "Was bezahlt wird, wird auch angewandt", so Strehl. Im stationären Bereich gilt der Verbotsvorbehalt. Danach ist alles Neue in der Medizin erlaubt, solange es nicht von der Erstattungspflicht der Kassen ausgeschlossen wird (wir berichteten).

Ein Konzept des VUD sieht nun vor, dass Innovationen künftig an 80 bis 100 festgelegten Prüfkrankenhäusern unter Studienbedingungen für einen befristeten Zeitraum von zwei bis drei Jahren eingeführt werden sollen. Für die Finanzierung der Studien wären nach VUD-Berechnungen drei bis fünf Prozent des GKV-Topfes nötig.

Kosten-Nutzen-Bewertung ohne Konsequenz macht keinen Sinn.

Ein ähnliches Konzept ist auch aus Sicht der Chefin des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, denkbar. Sie plädierte für eine zeitlich befristete kontrollierte Einführung von Innovationen in ausgewählten Zentren. Die begleitenden Studien müssten vom Staat finanziert werden, weil auch Privatversicherte davon profitieren würden, so Pfeiffer. Vorstellbar sei auch, einen Fonds dazu einzurichten, an dem sich die GKV beteiligen könnte.

GBA-Chef Hess begrüßte das VUD-Konzept in Teilen. Statt festgelegter Prüfkrankenhäuser bevorzugt er jedoch Ausschreibungen für Modellversuche, auf die sich alle Krankenhäuser, gegebenenfalls im Verbund mit ambulant tätigen Ärzten, bewerben können.

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