Gastbeitrag

Joe Biden ist die bessere Wahl

Donald Trumps Verachtung für Wissenschaft schade den USA, Joe Biden solle der nächste US-Präsident werden, empfiehlt der „Scientific American“. Ein logischer Schluss.

Dr. Daniel LingenhöhlVon Dr. Daniel Lingenhöhl Veröffentlicht:
Joe Biden berichtet in einer Pressekonferenz über seine Corona-Impfpläne.

Joe Biden berichtet in einer Pressekonferenz über seine Corona-Impfpläne.

© Msnbc / ZUMAPRESS.com / picture alliance

Das Wissenschaftsmagazin „Scientific American“ musste 175 Jahre alt werden, um 2020 erstmals in seiner Geschichte zur Wahl eines US-Präsidentschaftskandidaten aufzurufen: In einem Leitartikel empfiehlt die Redaktion den demokratischen Bewerber Joe Biden, da er im Gegensatz zum republikanischen Präsidenten Donald Trump der Wissenschaft nicht ablehnend gegenübersteht.

Prinzipiell versteht sich das Magazin als überparteilich. Doch Trumps Verachtung der Wissenschaft lässt unseren Kolleginnen und Kollegen in den USA in diesem Jahr keine Wahl. Mag die Empfehlung eines Kandidaten auch neu sein – unpolitisch war „Scientific American“ auch vorher nicht. Das Magazin hat sich zum Beispiel in den 1950er Jahren gegen die Wasserstoffbombe und später gegen ein Raketenabwehrsystem im All positioniert. Zudem hat die Redaktion bereits 2016 Trumps Eignung für das Präsidentenamt in Zweifel gezogen, damals jedoch nicht Hillary Clinton unterstützt.

„Uns fällt das nicht leicht“

Die Chefredakteurin Laura Helmuth betont nachdrücklich, dass „Scientific American“ explizit keine Wahlempfehlung für die Demokraten ausgesprochen hat, sondern nur für die Person Biden. Auch das ist verständlich.

„Uns fällt das nicht leicht“, schreiben die Autorinnen und Autoren um Chefredakteurin Laura Helmuth, doch gebe es diverse Belege, dass die Politik von Donald Trump den USA und seiner Bevölkerung schweren Schaden zugefügt habe. Das verheerendste Beispiel sei die unehrliche und unzureichende Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, an deren Folgen bislang mehr als 190000 Bürger starben.

Doch das ist nicht der einzige Punkt, bei dem sich Donald Trump gegen die Forschung und wissenschaftliche Erkenntnisse gestellt hat, um seine eigenen vermeintlichen Wahrheiten zu verbreiten. Beispielsweise leugnet er konsequent die Rolle des vom Menschen beschleunigten Klimawandels bei den ausgedehnten Dürren und Waldbränden, die den Westen der USA seit Jahren heimsuchen. Auf eine entsprechende Frage zum Klimawandel und den Feuern antwortete er einen Tag vor Publikation des Leitartikels etwa, dass es bald kälter werde, Forscherinnen und Forscher wüssten dies nur nicht.

Anerkannte Wissenschaftler aus Beratungsgremien entlassen

Trump und ihm verbundene Berater ignorieren dabei nicht nur die Wissenschaft, sie untergraben sie auch noch, indem sie an wichtigen Positionen Gefolgsleute platzieren oder wilde Verschwörungstheorien veröffentlichen. Vielfach wurden anerkannte Wissenschaftler aus Beratungsgremien entlassen und durch Industrievertreter ersetzt. Chef der Umweltbehörde EPA etwa ist mittlerweile Andrew Wheeler: ehemaliger Lobbyist und Berater von Murray Energy, einem der größten Kohleminenbetreiber der USA.

Es verwundert daher wohl wenig, dass Trump und seine Regierung während der vergangenen vier Jahre zahlreiche Umweltschutzgesetze aufgehoben oder stark verändert haben, darunter immer wieder Regelungen zum Gesundheitsschutz, mit denen Menschen vor Schadstoffen bewahrt werden sollen.

Trumps Gesundheitsberater Michael Caputo wiederum behauptete auf Facebook, dass für die Bundesregierung arbeitende Pandemieforscher Volksverhetzung betrieben. Immerhin: Er entschuldigte sich dafür später, doch die Lüge verbreitete sich weiter.

Im Gegensatz zu vielen anderen Präsidenten, die im Lauf ihrer Amtszeit neue Nationalparks und andere Schutzgebiete ausgewiesen haben, ließ Trump nichts unversucht, um entsprechende Reservate drastisch zu verkleinern. Das Ziel: sie freizugeben für den Abbau von Rohstoffen und dabei in erster Linie von Öl und Gas. Zudem öffnete er Meeresschutzgebiete für die Fischerei.

2019 kündigte Trump offiziell das Pariser Klimaabkommen

Seit Beginn seiner Amtszeit unterminiert Trump Anstrengungen zum Klimaschutz und wandelt entsprechende Gesetze und Vorschriften ab. 2019 kündigte er schließlich offiziell das Pariser Klimaabkommen auf und verkündete den Rückzug der USA. Formell wird dieser Schritt am 4. November in Kraft treten, einen Tag nach der Präsidentschaftswahl.

Besonders deutlich wurde seine Negierung von Wissenschaft nun während der COVID-19-Pandemie, welche die USA weltweit mit am stärksten trifft. Trump ignorierte nicht nur vollständig einen von seinem Vorgänger Barack Obama aufgestellten „Pandemieplan“, seine Regierung löste zudem das „Pandemic Response Team“ im National Security Council auf.

Wiederholt hat Trump die Risiken der Krankheit heruntergespielt, unterstützte Politiker, die sich gegen Maskenpflicht wandten, und sprach sich auf öffentlichen Pressekonferenzen für inadäquate oder gefährliche Behandlungsansätze aus (manche davon wie das Spritzen von Desinfektionsmitteln bezeichnete er später als „Scherz“).

Zudem unterminierten er oder Politiker aus seinem Umfeld wissenschaftliche Aussagen führender Mediziner wie Anthony Fauci, Immunologe, Berater aller US-Präsidenten seit Ronald Reagan und Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases.

Kein Präsident in der jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten hat sich derart vehement und umfassend gegen die Wissenschaft gestellt wie Donald Trump. Die Empfehlung für Joe Biden, der sich im Gegenzug stark für Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz ausspricht, ist daher nur folgerichtig.

„Spektrum der Wissenschaft“ ist die deutsche Ausgabe von „Scientific American“. Beide gehören wie die „Ärzte Zeitung“ zu Springer Nature.

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