Pflegende Angehörige haben Vorfahrt

In Dortmund und Solingen wird erprobt, welche Hilfsangebote für pflegende Angehörige besonders sinnvoll sind. Ein Beispiel: In Arztpraxen haben sie Vorfahrt. Doch vor allem fehlt es ihnen an Wertschätzung.

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Für viele Menschen ist es selbstverständlich, aber nicht einfach, ihre Angehörigen zu pflegen.

Für viele Menschen ist es selbstverständlich, aber nicht einfach, ihre Angehörigen zu pflegen.

© Gina Sanders / fotolia.com

KÖLN (iss). In den Praxen von niedergelassenen Ärzten in Dortmund und Solingen zücken einzelne Patienten beim Besuch nicht die Versichertenkarte, sondern eine "Notfallkarte". Mit ihr weisen sie darauf hin, dass sie Angehörige pflegen und möglichst schnell behandelt werden sollten. Außerdem steht auf der Karte ein Ansprechpartner für den Notfall, damit der Pflegebedürftige nicht unversorgt bleibt.

Die Karte ist ebenso wie eine "Notfallcheckliste" Bestandteil eines umfassenden Konzepts zur Gesunderhaltung von pflegenden Angehörigen. Professor Angelika Zegelin vom Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke hat das Programm in den Modellstädten Dortmund und Solingen entwickelt. Auftraggeber war die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen - pflegende Angehörige stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Menschen, die sich um einen Pflegebedürftigen kümmern, stehen unter einem besonderen Druck, berichtet Zegelin: Sie fühlen sich mit der Betreuung überfordert, haben kaum noch Zeit für sich, werden häufig selbst krank, finden aber nur selten Unterstützung. "Die Leute sind überall nur Bittsteller und erfahren oft Ablehnung, statt Anerkennung für ihre Tätigkeit", sagt sie.

Welche Hilfe und Unterstützung gibt es für pflegende Angehörige

Für das Programm haben Zegelin und ihre Mitarbeiter untersucht, welche Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten es für pflegende Angehörige gibt und wie sie den Betroffenen leichter zugänglich gemacht werden können.

"Das Wichtigste ist, dass sich die Akteure, die mit pflegenden Angehörigen zu tun haben, kennen lernen und vernetzen", sagt die Pflegewissenschaftlerin. Die Wissenschaftler haben Ärzte, Apotheken, Sanitätshäuser, Wohlfahrtsverbände, Pflegedienste und viele andere Institutionen einbezogen. "Es ist ein breites Bündnis."

Die niedergelassenen Ärzte müssten Bescheid wissen über Themen wie die Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege, um Pflegende entsprechend informieren zu können. "Ich würde mir wünschen, dass Ärzte schon bei der Anamnese fragen, ob ein Patient einen Angehörigen pflegt", sagt sie.

Zegelin hält es für sehr wichtig, dass den pflegenden Angehörigen im Gesundheitswesen mit Wertschätzung begegnet wird und sie für ihre Leistung Anerkennung erfahren. Dazu sollen spezielle Schulungen beitragen.

Zum Unterstützungsnetzwerk für die Pflegenden gehören auch Angebote wie Fahrdienste, Pflegekurse oder spezielle Gottesdienste. "In Dortmund schulen wir jetzt die Telefonseelsorge zum Thema", sagt Zegelin.

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