SPD-Abgeordnete bei Spätabtreibung auf Konfliktkurs

BERLIN (fst). Über 180 Abgeordnete machen sich für eine Änderung des Schwangerschaftskonflikt-Gesetzes stark, die darauf zielt, die Zahl der Spätabtreibungen zu reduzieren.

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Der Gesetzentwurf, der heute in den Bundestag eingebracht wurde, schreibt eine umfassende Beratungspflicht der Schwangeren durch den Arzt vor, wenn pränataldiagnostische Untersuchungen auf eine körperliche oder geistige Behinderung des Kindes hindeuten.

Dabei muss der Arzt auch auf vertiefende psychosoziale Beratungsmöglichkeiten durch Beratungsstellen hinweisen. Auch ist er laut Gesetzentwurf verpflichtet, seine Beratung zu dokumentieren. Verstöße gegen diese Pflichten können mit einem Bußgeld von bis zu 10 000 Euro geahndet werden. Bislang gibt es bei der so genannten medizinischen Indikation eine Beratungspflicht der Schwangeren nicht, so der Gesetzesantrag. Aktuelle Studien hätten ergeben, dass viele betroffene Frauen die ärztliche Beratung bei "pathologischem fetalen Befund (...) als verbesserungsbedürftig" ansehen.

Weiter schreibt der Gesetzentwurf eine Bedenkzeit von mindestens drei Tagen zwischen der Beratung und der Feststellung der medizinischen Indikation vor. Diese Bedenkzeit entlaste die Frau und helfe dem Arzt, "das Vorliegen der Voraussetzungen einer medizinischen Indikation aufgrund einer schwerwiegenden Beeinträchtigung gerade des seelischen Gesundheitszustandes einzuschätzen", heißt es in der Begründung.

Der fraktionsübergreifende Antrag ist von seinen zentralen Inhalten bereits von der Ärzteschaft begrüßt worden. Das Statistische Bundesamt hat für das vergangene Jahr 229 Fälle ausgewiesen, in denen nach der 23. Schwangerschaftswoche ein Abbruch vorgenommen wurde. Bei 3072 von insgesamt 116 871 gemeldeten Abbrüchen wurde eine medizinische Indikation gestellt.

Kritik am Gesetzentwurf kommt vor allem von der SPD. In einem Schreiben der SPD-Abgeordneten Christel Humme, Elke Ferner, Caren Marks und Carola Reimann an ihre Fraktionskollegen von Mitte November heißt es, ein gemeinsames Vorgehen mit der Union wäre "aus unserer Sicht politisch ebenso wie fachlich falsch". Die Union, so heißt es, "suggeriert immer wieder, dass Spätabtreibungen mehrheitlich auf die Behinderung des Ungeborenen zurückzuführen seien und die Eltern sich leichtfertig für einen Abbruch entscheiden. Beides ist falsch!"

Es gebe in den Paragrafen 218b und 218c Strafgesetzbuch bereits eine Verpflichtung des Arztes, die Schwangere zu beraten -  "wir haben hier kein Gesetzesdefizit". Dass die Union den Antrag mit Unterstützung der Bundesärztekammer erarbeitet hat, stößt auf Skepsis: "Damit macht sich die Union ausgerechnet die Interessen derjenigen zu eigen, die doch offenkundig das Problem verursachen" - das Problem sei "das Verhalten eines Teils der Ärzteschaft". Vorschriften für die bessere Beratung der Eltern sollten in das Gendiagnostikgesetz und in die Mutterschaftsrichtlinien eingearbeitet werden, lautet daher der Alternativvorschlag.

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